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Der kurze Sprung nach Helsingör verläuft unspektakulär. Platt vor dem Laken mit wechselseitigem Verholen des Bullenstanders laufen wir parallel zu einer schnittigen X- Yacht, die mit uns ausgelaufen ist. Trotz der Regatta Ausstattung mit folierten Segeln auf der „4 Boys“, zeigt Astarte ihr eine ganze Weile, dass sie noch nicht zum alten Eisen gehört und lässt sich nicht abhängen. Natürlich zieht sie später zügig an uns vorbei.

Bald taucht das Weichbild von Helsingör mit der markanten Silhouette des Schlosses Kronborg auf. Nördlich der mächtigen Befestigungsanlagen und dem von zwei Wassergräben umgebenen sternförmig angelegten Burganlage liegt der fast 1000 Boote beherbergende Yachthafen.

Überrascht sind wir, dass die Plätze in erster Linie von kleinen Booten belegt und die Zufahrten in die Boxenreihen dementsprechend eng sind. Mittlerweile hat der Wind zugelegt und uns bleibt nichts anderes übrig, als bis hinten durchzufahren, zwischendurch den Bug halb in die Reihen zu bugsieren, um mit dem Fernglas nach einem grünen Schild zu suchen und freien Platz uns entsprechender Breite. Überall Fehlanzeige. Rot, rot, rot, also belegt, der Eigner des Platzes kehr zurück oder die Breite ist zu schmal. Endlich ein einziger freier Platz in unserer Grösse. Wir sind fest. Dann entdecke ich eine kleine krakelige Notiz am Schild: til So 22.05. Donnerlütchen, es ist wie verhext. Ich rufe nach hinten zum Skipper: „Du, wir müssen wieder raus. Die kommen Sonntag Abend, also heute zurück“. Fender reinklappen, Leinen einziehen, Programm rückwärts abspulen. Es bleiben uns am Ende nur einige Meter längseits gleich an der Hafeneinfahrt. Das wird ungemütlich, denn der eigentlich seltene Südost Wind bläst die nächsten Tage in Sturmstärke und wird uns auf die Bretterwand drücken inklusive der Wasserstandsänderung, die dann auch eintritt und die Hälfte der Fender fast wirkungslos werden lässt, natürlich über Nacht. Vorsorglich haben wir einen Fender quer befestigt und als der Wind mit Spitzen von 36 Knoten über den Hafen fegt, bringe ich alles aus was wir an Fendern haben in verschiedenen Befestigungs-Richtungen. Ein dänisches Paar aus Frederiksstad reitet den Sturm mit uns aus, aber da der Steg eine Kurve macht, wird ihr Boot nicht ganz so arg auf den Steg gedrückt.

Die Liegezeit bleibt nicht ungenutzt. Besichtigt wird Schloss Kronborg von aussen, die Hafenanlagen und das historische Stadtzentrum. An der Küste geht es mit den Rädern weiter entlang der Küstenstrasse durch die zusammengewachsenen Dörfer und vorbei an kleinen malerischen Häfen mit Fischerbooten, voller Segelboote der Einheimischen, vielen Stege auf denen immer wieder Badende sich der Abhärtung unterziehen.

Rietgedeckte, niedrige, restaurierte Katen wechseln sich mit Herrensitzen auf weitläufigen gepflegten Grundstücken ab. Überall grünt und blüht es, besonders der in voller Blüte stehende Rhododendron in vielen Farben erfreut das Auge.

Unser Ziel ist die Kunstausstellung Louisiana. Eine Gemäldesammlung mit bedeutenden Gemälden des 20ten Jhdts und Skulpturen in einem angelegten Park. Mittags erreichen wir den Eingang zur Anlage. Es ist geschlossen, eigentlich klar, da es Montag ist wo die meisten Museen geschlossen haben. Ich habe meine Hausaufgaben nicht gemacht. Axel meint: „Wundert mich, dass Dir das passiert. Du planst doch sonst alles so genau. Aber mir passt es eigentlich so besser, denn was sollen wir bei dem schönen Wetter durch Räume latschen.“

Ich stimme ihm bei und so vertilgen wir unsere präparierte Mahlzeit neben drei Frauen auf der Nachbarbank, die laut quatschen, so dass wir froh sind, als sie gehen und wir die Stille der Natur geniessen können. Hinter uns liegt ein grosser Friedhof eingebettet in eine wohlkomponierte Parklandschaft mit erlesenen Pflanzen. Tiefes dunkelgrün harmoniert mit zartem Hellgrün, rostbraun und den viele bunten Farbtupfern der Rhododendronbüsche. Ein See mit Seerosen und Schilf bildet den Mittelpunkt des Parks.

In Helsingör hat die Georg Stage angelegt. Die junge Kadettenmannschaft geniesst den Landgang.

Unentwegt pendeln die Fähren zwischen Helsingborg auf der schwedischen Seite und Helsingör hier in Dänemark hin- und her. Wir sind fasziniert von der Präzision mit der der Kapitän den Stahlkoloss in die enge Hafeneinfahrt zwischen den beiden Leuchtfeuern lenkt. Es läuft ordentlich Strömung und das Schiff lässt sich nur mit zügiger Fahrt manövrieren. Viel Weg zum Aufstoppen bleibt nicht.

Wir entdecken gleich neben dem Fähranleger einen zweiten Gasthafen, doch dieser ist Yachten über 15 Metern vorbehalten. Zwei top gepflegte schicke Yachten aus den Niederlanden, die diesem Mindestmass und darüber hinaus entsprechen, dümpelen hier gut abgefendert im leichten Schwell.

Das ausrangierte Feuerschiff Gedser sowie einige Traditonssegler aus Dänemark und Holland liegen, gut als Fotomotiv geeignet, in nächsten Hafenbecken. In einem alten Trockendock hat die Stadt das Marinemuseum untergebracht. Futuristisch eingegliedert läuft der Besucher über Fussgängerbrücken und landet schliesslich in der unterirdischen Ausstellung. Ich entdecke ein „I“ Schild für Information zum Eingang der Kulturwerft mit Bibliothek und Veranstaltungsräumen mit moderner rautenförmiger Glas- und Metallfassade. Hinter einem weissen Rundtresen sitzt eine junge Dame. Meine Fragen kann sie nicht beantworten und verweist auf den Hauptbahnhof. Man müsse sich dort erkundigen.

She with He, der Meerjungfraumann

Einige Meter neben ihr entdecke ich an einem Ständer diverse Broschüren mit genau den Informationen, nach denen ich gefragt hatte. Ich denke mir meinen Teil. Wäre ich ihre Chefin, hätte ich sie gefeuert. Motivation gleich Null. Als Empfangspersonal für die Touristeninformation fehl am Platz.

Ebenfalls fehl am Platz ist ein Wasservogel, genauer gesagt Kormoran, der sich plötzlich auf unserem Masttopp niederläst. Ausgerechnet muss er diesen Landeplatz aufsuchen, als der Wind richtig zulegt und unserer Windmesser auf Hochtouren dreht, bis selbiger plötzlich nicht mehr dreht, bzw. die Windlupe nicht mehr anzeigt.

Der schwere Vogel thront unverdrossen auf der Mastspitze, auch wenn diese ordentlich schwankt, da das Schiff sich in den Böen auf die Seite neigt. Der schwarze Fischfresser reagiert auf nichts. Derweil zerlegt Axel schon das Instrumentenbrett und checkt die Kontakte. Einen Kabelbinder zwischen den Zähnen, flucht er: „hoffentlich hat das Vieh uns nicht ein Teil am Windmesser abgebrochen“. Mit dem Fernglas lässt sich von unten nichts erkennen. Jetzt können wir nichts weiter ausrichten und müssen auf das Abklingen des Windes warten, um dem Schaden weiter einzugrenzen.