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Niederlande

Lausige Laune in Lauwersoog

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Nachdem der Wind eingeschlafen war und wir die restlichen Seemeilen bis zur Ansteuerungstonne des Seegats zum Lauwersmeer und der Insel Schiermonikoog unter Maschine laufen mussten, zieht nun eine rustige Abendbrise an. Die Segel kommen raus.

Aussenhafen Lauwersoog

Wir schwenken ein und gleiten über die flachste Stelle der Barre. Das Timing

(zu)Viel für Vlieland

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Plattboden kreuzen

Ab nach Vlieland. Das wollen sie alle. Wer im Sommer nicht zum Zug gekommen ist, der möchte jetzt hin. Vlieland ist die kleinste der westfriesischen Inseln, die eine Kielyacht bequem erreichen kann ohne die Nacht im Schlick zu hängen. Das Inselklima und die Natur sind schon etwas besonderes. Den Sommer über ist der Hafen oft völlig überfüllt. Damit man dann gar nicht erst losfährt gibt das Hafenbüro täglich den Füllegrad im Internet heraus.

Harlingen rockt

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Rock auf dem Kutter

Wumm, wumm, wumm tata.. , mit ohrenbetäubendem Trommelwirbel legen sich die Teilnehmer des Spielmannszugs ins Zeug ihren Zuhörern die grösstmögliche Lautstärke zu bieten. Das passt grade nicht für uns, denn wir manövrieren im Norderhaven von Harlingen und die Lücke am Kai liegt keine zwanzig Meter vom Spektakel entfernt. Da gehen die Kommandos im Trommelwirbel unter. „ Wie bitte? Ich verstehe Dich nicht? Schreie lauter!“ Wir brüllen über das Deck durch die Kaskaden der Tuschs hindurch, doch es kommen nur Bruchstücke an.

An der rostigen Spundwant müssen wir vom Hafen gestellte Fenderbretter zusätzlich an der Reling befestigen, um im Tidenhafen bei Wasserstandsänderung von der Wand abgehalten zu werden. Lange Leinen baumeln im schmierigen Hafenwasser. Nach dem Anleger sehe ich aus wie nach einem Bergwerksbesuch. Schwarze Knie, blaue Flecken. Keiner möchte diese unbequemen Plätze belegen und da kommt schon gleich die nächste Yacht um bequem an uns festzumachen.

Kein Problem antworten wir, aber morgen früh starten wir um 7.30 Uhr. Zu früh für die Familie am Sonntagmorgen. Unser Glück, den später wird ein Platz am Schwimmsteg frei und wir können uns verholen. Die Leinen fliegen förmlich ab, denn andere haben die Möglichkeit auch gesehen und das Wettrennen beginnt, aber wir schaffen es. Endlich zurücklehnen und durchatmen. Der Tag war anstrengend. 

Makkum am Morgen verabschiedete sich mit strahlendem Sonnenschein, glatter See und friesischen Eindrücken wie aus dem Bilderbuch. Wochenende bei bestem Wetter, das gibt Betrieb! Vor der Seeschleuse Kornwerderzand nimmt die Verkehrsdichte merklich zu. Im grossen Pulk rücken wir meterweise vor.

In der Schleusenkammer geht der Tanz los. Was macht unser Hintermann? Die Hallberg Rassy fährt uns um ein Haar hinten rein. Haarscharf geht das Ankergeschirr an unserem Heckkorb vorbei. Axel hat den feindlichen Bug in letzter Minute abgefangen. Das eigene Boot auf Position zu halten und andere Schleusenkandidaten vom “Ramming” abzuhalten, ist fordernd. Aber der Gegner hört nicht auf in uns reinzurauschen. Axel muss ständig Vorschub auf den Propeller geben und ich den Abstand zu unserm Vorderschiff halten. Dies ist schwierig, da es ein kleineres flacheres Boot ist. Schnell einen Fender an Anker befestigen. In der Eile passe ich nicht auf und der Knoten löst sich. Schwubs fliegt der Fender ins Wasser und treibt gleich davon. Der Hamburger Segler vor uns hilft. „ Hier halt mal meine Achterleine und reiche den Enterhaken herüber. Nun habe ich nicht nur unsere Vorleine in der einen, sondern auch noch seine Heckleine in der anderen Hand und muss beide gleichmässig führen, denn der Wasserstand in der Schleuse ändert sich.  Um an den hinter mir auf Deck liegenden Enterhaken zu kommen, lege ich einen halben Spagat hin. Beide Hände belegt, versuche ich den Haken mit dem Fuss näher zu mir heranzuziehen. Es klappt. Ich greife den Haken, schwinge ihn herum und reiche ihn zum Vordermann. Damit kann er den Fender herausfischen. Das Spektakel amüsiert die anderen köstlich. Die „Onlooker“ auf den anderen Booten lachen schadenfroh. Für uns ist es nervenaufreibend. Gefährlich nahe kommen ständig Vorder- und Hinterschiff. Es ist ein Tanz zwischen den Rümpfen, Maschine vor, zurück. Dann verlässt ein Schiff nach dem anderen die Schleuse, doch alle müssen noch vor der Brücke warten. Die Zeit wird knapp für das Tidenfenster. Endlich geht die Brücke hoch. Nun bleibt nichts anderes mehr übrig, als mit voller Marschfahrt die Reise fortzusetzen, denn die Strecke nach Harlingen hat eine Flachstelle, die wir nur nahe Hochwasser queren können. So holt jeder alles an Geschwindigkeit raus, um die Verzögerung in Kornwerderzand wett zu machen. In Harlingen ist Fischerfest. Die Häuser zieren Fischernetze, bunte Wimpel, historische Dampfmaschinen am Ufer und traditionelle Wasserfahrzeuge in den Grachten und Kanälen.

Einige haben sich thematisch passend verkleidet, andere tschunkeln feucht fröhlich in Bierlaune oder tanzen zu Livemusik. Jeder ist aus den Häuschen und  in Feierlaune. Wir schlendern durch die Strassen. Die Sonne wärmt und taucht den Hafen in glänzendes Licht. Wir lassen die Feierwütigen hinter uns und stocken vor unserem morgigen Start nach Vlieland im örtlichen Supermarkt unsere Vorräte auf.

Astarte spiegelt sich am Morgen in noch stillen Wasser

Frieslands Perlen per Pedes

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Endlich wieder segeln. Mit passender Tide geht es durch die Waddensee zur Seeschleuse von Den Oever, um erneut in das Ijsselmeer einzuschleusen. Manchmal ist ein Umweg ein besserer Weg. Die Schleusenbedienung  in Den Helder erfolgte nicht vor acht Uhr morgens. So müssen wir die Tidenfenster für unsere Fahrtrichtung berechnen und können mit den grösseren Streckenanteil im tidenfreien Ijsselmeer unser Ziel Makkum an einem Tag erreichen.

Den Helder

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Im Brückennachbau der Fregatte de Ruyter

„Mein Grossvater war dabei“ raunt plötzlich eine Stimme dicht an meinem rechten Ohr. Ich schrecke herum. Das Licht ist schummrig. Dann erkenne ich die Gestalt. Es ist der ältere Herr vom Eingang. Marineoffizier durch und durch.

Stolz trägt seine Uniform. Hellblaues Hemd mit Schulterstreifen, schwarze Hose, Namensschild. Das blonde Haar ist weiss und schütter geworden. Ungefragt plaudert er weiter: „ Er wurde verwundet und abtransportiert. Als er aufwachte fand er sich im Lazarett wieder. Das war seine Rettung. Die Kameraden haben nicht überlebt.“ Ich versuche etwas Abstand zwischen mich und mein Gegenüber zu bringen. Die Lautsprecher über uns immitieren Kampfgeräusche. Flugzeuglärm, Geschrei von Menschen, Wasserplatschen, dumpfe Explosionsgeräusche. Wir sind im Marinemuseum in Den Helder. Draussen regnet es, alles grau in grau. Hier drinnen werden wir in der Sektion „die Schlacht in der Javasee“ mental in das Jahr 1942  zurückgeführt. Holland kämpfte an der Seite der englischen Flotte um die Vormachtstellung in Südostasien gegen die Japaner und mussten eine bittere Niederlage einstecken mit grossen Verlusten an Menschenleben. Die meisten Seeleute waren zudem sehr jung. Jede volle Stunde schlägt eine Glocke zur Erinnerung an die auf See gebliebenen. Vom in grünblau und sehr düster gehaltenen Java Abteil geht es zur Schlacht von Chatham.

Die Wände sind rot und zeigen die typischen Vollschiffe des 17. Jhdts. Die Niederländer feiern ihren Nationalhelden Admiral de Ruyter.  Am Samstag den 18. Juli 1667 erhält der Admiral einen geheimen Auftrag. Die niederländische Flotte soll tief in feindliches Gebiet eindringen, um Schiffe und Schiffswerften zu zerstören. Adrianz Michel de Ruyter führt seine Flotte erfolgreich in den River Medway bis Chastham zum maritimen Herz der  englischen Marine. Auch wir sind diese Saison bis Chatham gesegelt. Im Gegensatz zur damaligen Zeit konnten wir auf genaue elektronische Karten, präzise GPS Positionen und Strömungsdaten zugreifen. Auch unter diesem Aspekt muss man die seglerischen Leistungen des goldenen Zeitalters betrachten. Ich selbst steuere ein Vollschiff durch die feindlichen Linien und es fühlt sich verdammt echt an. Das Schwanken der Planken, jede Schiffsbewegung, die Trägheit der Masse mit dem zeitverzögerten Reagieren des behäbigen Kolosses ist sehr echt immitiert. Immer dichter kommen die feindlichen Rümpfe heran und dann bekomme ich die Kurve nicht mehr. Rammmminnnng! Das wars.

Weiter geht es vorbei an Ölgemälden, Schiffsmodellen, Geschützwerkstatt, Takelarbeiten, Schweisstechnik, Radargeräten, durch das U-Boot Tonijn zum Nachbau des Brückenhauses der modernen Fregatte De Ruyter mit Stealthtechnik wo in den Radarkabinen ein Ernstfall simuliert wird. Die Atmosphäre löst Beklemmung aus. Oben im Radarturm erlebt man welche Windkräfte durch die mit zwanzig Umdrehungen pro Minute rotierende Radarantenne entstehen.

Wer sich entschliesst zur Marine zu gehen, sollte vorher dieses Museum besuchen. Hier kann man die Enge der Arbeitsplätze und die täglichen Herausforderung ziemlich gut einschätzen und bekommt einen realistischen Eindruck von dem was einen erwarten wird. Für mich steht fest: Hut ab, wer sich dazu verpflichtet. Es ist kein Zuckerschlecken. Bald haben wir genug vom Kalten Krieg und Säbelrasseln. Hunger kommt auch auf. Den Tag lassen wir gemütlich bei einer ausgesprochen leckeren und frischen Pizza bei da Gino ausklingen. Das Ordnern läuft hier über eine kleine Tischleuchte, die beim Drehen ihre Farbe wechselt – wie originell.

Wirkt Den Helder auf den Durchreisenden im ersten Eindruck etwas verwahrlost mit teils leeerstehenden Geschäften oder den typischen Läden für Billigramsch, so hat es beim genaueren Hinsehen auch schöne Ecken. Das restaurierte Werftgelände Willemsoord mit Restaurants, Eventräumen, Gewerbe, Kunstgalerie, Marina und Marine- und Rettungswesen Museum umrahmt von Kanälen in denen historische Schiffe liegen lohnt einen Besuch. Das grüne Umland der Stadt mit dem Helderse Vallei, die nahen Nordseestrände mit dem Leuchtturm Lange Jap (63,45 Meter hoch, der höchste historische Leuchtturm Europas) bieten viele Freizeitaktivitäten. Südlich von Den Helder liegt Julianadorf mit dem grössten zusammenhängenden Blumenzwiebelanbaugebiet der Welt. Im April und Mai blüht es bunt soweit das Auge reicht. Schier endlose Radwege führen durch das Blumenmeer. Interessant ist, dass die Felder nach der Ernte künstlich geflutet werden, um Schädlingen den Nährboden zu entziehen. Vermarktet werden nicht die Blumen. Die Blüten werden abgeschnitten und über den Sommer bleiben nur die Stiele stehen, damit die ganze Kraft der Pflanze sich in den Knollen unter der Erde sammelt. In den Verkauf kommen die Blumenzwiebeln. Den Helder hat mehr zu bieten als nur Fährort und Marinestützpunkt zu sein. Wir haben gelernt: hier muss man zweimal hinsehen!

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