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Come on, come on, come on… Mit energischer Handbewegung dirigiert uns die Harbourmasterin von Queenborough an die Mooringtonne.  Ich recke und strecke mich und versuche die im Wasser treibende Schlinge mit dem Enterhaken aufzufischen. Uns zu helfen und mir den Tampen hochzureichen, kommt der Frau nicht in den Sinn (ansonsten sind die Engländer äußerst hilfsbereit!).

River Swale Mooring Feld

Auf meine Bitte: Can you help me please,  erfolgt keine Reaktion. Schliesslich erwische ich das Auge und kann unser Vorleine durchziehen. Das Hafenboot düst ab. Jetzt hängen wir an der Tonne, aber nicht alleine. Ein Stahlschiff aus USA ist unser Nachbar und pendelt mit uns an der Mooringboje. Wir klaren auf und wollen grade mit dem Kochen anfangen, da ertönt ein laut surrendes Geräusch. Zwei Windgeneratoren auf Nachbars Schiff kreischen und zischen  um die Wette. Der lauschige Abend im Cockpit ist dahin. Die Crew der Yacht ist an Land, insofern können wir nicht um Deaktivierung bitten.

Wir können nur noch alle Luken dicht machen und uns unter Deck verziehen. Ich stopfe unser Daunenbett gegen die Fenster und checke schon mal, ob wir wenigstens einigermassen schlafen könnten. Drüben rührt sich nichts. Endlich kommt unser Nachbar zurück. Es sind Konrad und Loraine. Das Paar ist sehr freundlich und verspricht, die Plagegeister über Nacht abzuschalten. Wir sitzen noch den Abend drüber bei Ihnen in der Kajüte und tauschen Seemannsgarn und Törntipps aus. Er hat etliche Seemeilen im Kielwasser. Ihr eigentliches Segelrevier ist die Karibik. Nun hat er das Schiff aber mit einem Freund kurzerhand nach Europa verholt. Mal eben an Neufundland vorbei bis nach Schottland. Sie gibt sich diese Langstrecken nicht: „I tend to get seasick.“ Ausserdem herrschten auf dem Törn meist Winde gegenan mit mindestens 30 kn aufwärts, Nebel und Kälte. Drei Tage mussten sie einen schweren Sturm überstehen. Er schnallt sich dann in einem fixierten Bürosessel fest und steuert von innen. Loraine ist erst wieder in Schottland eingestiegen. Über Norwegen, Dänemark, Deutschland, Niederlande ging es nach England. Die beiden wollen noch ins Mittelmeer nach Griechenland bevor er das Schiff über Südafrika nach USA zurücksegelt – mal eben. Die Amis sind halt andere Dimensionen gewöhnt. Think big. Das sind echte Langfahrten, Respekt!

Die Nachtruhe wird jäh unterbrochen. Aus dem Tiefschlaf reisst uns ein lauter Rums. Da wir im Fluss Swale liegen, denke ich noch im Halbschlaf: uns hat jemand gerammt. Ruck zuck angezogen und an Deck. Alles wirkt ruhig. Die Mooringboje ist der Übeltäter. Sie schlägt an den Rumpf. Unsere Vorleine hat sich auch noch in den halb heruntergelassenen Anker unseres Nachbarn vertörnt. Wind gegen Strömung! Mit Kopflampe und Enterhaken bewaffnet klariere ich fluchend das Malheur in der dunklen Nacht. Schnell zurück in die Koje und aufwärmen. Axel schläft, aber ich kann nach dieser Aktion keine Ruhe mehr finden.