In diesiger Stimmung verlassen wir den Hafen von Sassnitz am frühen Morgen. Diese Wetterlage ist typisch bei Südostwind. Ein Fischer startet gleichzeitig und verschwindet bald am Horizont.
Zügig rauschen wir nach Norden. Bald ist der neue im Bau befindliche Windpark Baltic erreicht. Der Bau ist komplett in dänischer Hand. Serviceschiffe pendeln zwischen Sassnitz und der Offshore Plattform hin und her. Für die Arbeiter liegt ein Hotelschiff direkt am Arbeitsplatz vor Anker.
Nach elf Stunden erreichen wir Roenne auf Bornholm. In Inselnähe stellt sich das Klima um. Es wird warm und schwül. Bornholm ist bekannt für sein mediterranes Mikroklima. Wir belegen die Festmacher am Aussensteg. Dies hat seinen Grund, denn nach dem weiteren Einfahren ins inneren Becken haben wir nach er Warnung eines deutschen Seglers schnell abgedreht. Es liegen grosse Betonklötze dicht unter der Wasseroberfläche.
Kaum sind die Leinen fest, nähert sich ein bärtiger Mann in dunkelblauer Jacke mit Rucksack und zwei Tragetaschen. Er grüsst freundlich: „Welcome on Bornholm.“ Nach einigem Small Talk kommt er mit der Sprache heraus. Er sucht
eine Mitfahrgelegenheit und möchte anheuern. Da ist er bei uns an der falschen Adresse. Wir werden einsilbiger und er trollt sich zum nächsten Boot. Doch auch da blitzt er ab. Einige Minuten trottet die nächste Gestalt über den Steg. Er wirkt wie ein Penner. Schmuddelige Kleidung, langer Bart, ausgemergelt. Ich denke, na das kann ja heiter werden, ist das hier ein Anhalterbahnhof? Als nächstes fange ich an, alle Luken zu verriegeln. Doch der Alte trollt sich. Später bemerke ich wie er die Sanitäranlagen für Segler aufsucht. Normalerweise sind die Zugänge mit Codeschlössern versehen. Den Zugangscode erhält man mit der Quittung nach Bezahlung der Hafengebühr am Automaten. Der Hafen ist grade im Umbau. Daher ist wohl eine Toilette für die Arbeiter geöffnet. Auf Wasserbunkern müssen wir verzichten. Die alten Anschlüsse sind abgebaut und noch keine neuen gelegt. Am nächsten Morgen hat der Wind merklich aufgefrischt. Harte Böen fallen in das Rigg ein. Wir bummeln zum Zentrum von Roenne. Hier zwischen den Häuserzeilen ist es unterdessens richtig heiss. In der Stadt herrscht geschäftiges Treiben. Es gibt Haushaltswarenläden mit typisch skandinavischem Design, Handarbeitshops, einen Blumenladen, Cafes. Die geduckten Fachwerkhäuschen und die Läden mir Trödel und Antiquitäten vermitteln die typisch dänische „hyggelige“ (übersetzt gemütliche) Atmosphäre.
Plötzlich entdecke ich den vermeintlichen Landstreicher von gestern auf einer Baustelle. Man soll also nicht vorschnell urteilen. Gegen Mittag segeln wir entlang der Küste vorbei an blühenden gelben Rapsfeldern, kleinen Häfen mit bunten Häuschen und dem obligatorischen Räucherofen zur Nordwestspitze der Insel.
Damit es nicht ungemütlich wird, halten wir uns heute im Leeschutz der Insel Landmasse. Unterhalb der Festungsruine Hammeren im Hammerhavn ist unser Tagesziel.
Bis in den späten Abend sticht die Sonne vom Himmel. Doch unter Deck ist es angenehm kühl. Vorbei sind nun wohl die Abende mit Heizofen. Mit einer leckeren Mahlzeit aus der Bordküche lassen wir den Tag ausklingen. Bald geht es in die Koje, denn am nächsten Morgen klingelt der Wecker früh.