Tag: Überfahrt

In der Nebelglocke nach Helsinki

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Wir schreiben das Jahr 2016 und bewegen uns mit Lichtgeschwindigkeit durch Raum und Zeit.

Nein aufwachen; weit gefehlt! Wir sind nicht im All, sondern mitten auf dem Finnischen Golf in der Ostsee.

Ein schmaler Meeresarm, der zwischen den Ländern Finnland und Estland von West nach Ost verläuft und ca. nur 80 km breit ist. Warum fühlen wir uns wie im Vakuum, verloren in Raum und Zeit: wir haben dichten Nebel.

Milchiges Grauweiss umgibt uns wabbernd und die optische Orientierung tendiert gegen Nullkommanull.

Kaum aus der Talliner Bucht herausgesegelt, verdichtete sich eine Wolke mit der anderen und innerhalb von Minuten wurden wir von der bis auf das Wasser herunter ragenden Wand verschluckt. Um sicher zu navigieren und sich über den Hauptschiffahrtsweg, der Richtung Sankt Petersburg verläuft, zu manövrieren, haben wir schnell das Radar hochgefahren. Zusätzlich verfügen wir über AIS, ein System, dass bereits von vielen Seglern und selbstverständlich auch der Berufsschiffsfahrt benutzt wird. Diese Elektronik ermöglicht es Schiffen gegenseitig den anliegenden Kurs, Position und Geschwindigkeit abzulesen, um so vorherzusehen, ob ohne Kursänderung eine Kollision vorliegen würde und zu welchem Zeitpunkt.

Mit Hilfe dieser Technik, aber auch dem Radar für das Aufspüren von Schiffen und sonstigen Hindernissen wie z.B. Tonnen, ist es möglich ohne Sicht zu fahren. Axel am Ruder und das AIS verfolgend sowie alle fünf Minuten ein Schallsignal absetzend und ich am Navigationstisch vor dem Radargerät horchten angespannt auf die vielen Schiffshörner. Die Richtung aus der der Schall ertönt, lässt sich nur schwer einschätzen.

Glück gehört auch dazu. So klart es wieder auf, bevor wir den der finnischen Küste vorgelagerten Inselgürtel erreichen. In einem unbekannten neuen Revier für uns zwischen vielen Felsen ist es uns doch viel angenehmer auf Sicht zu fahren. Die ersten Inseln und Seezeichen kommen in Sicht und wir segeln im markierten Fahrwasser Helsinki entgegen.

Eine kleine Aufregung stellt sich noch ein, als und eine grosse Fähre sehr dicht und mit hoher Geschwindigkeit überholt. Eine hohe Heckwelle des Schiffes mit brechenden Kämmen rollt heran und Astarte holt weit über.

Wir schwanken wie ein Korkenzieher auf dem Wasser bevor wir wieder auf Kurs kommen.

Nach ca. 45 Seemeilen erreichen wir Helsinki.

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Wir wählen eine Marina südlich des Stadtzentrums. Die Steganlagen sind zwischen Inseln, hier Schären genannt gebaut. Auf einer Insel liegt das Restaurant Skifferholmen wo eine grosse Party mit Lifemusik lautstark im Gange ist. Nach der Überfahrt sind wir müde und wollen unsere Ruhe. Dem ausgelassenen mitgröllenden Jungvolk kehren wir daher den Rücken und legen nicht am dortigen Gaststeg an. Die Nachbarinsel Sirpalersaari ist in Schweigen gehüllt. Hier sind es nur die schnarrenden Wildgänse, die uns in Empfang nehmen.

Ein freundlicher Hafenmeister, der gleichzeitig die kleine Personenfähre zum Festland bedient weist uns einen Platz mit Heckboje zu. Hinter uns erhebt sich ein rötlicher Granitfels aus dem Wasser. Die Felsen sind absolut glatt als wenn ein Bildhauer sie bearbeitet hätte. Voraus haben wir einen offenen Blick über die Skyline der Kreuzfahrt- und Fährterminals.

Am städtischen Südufer mit Promenade sehen wir schöne klassische Häuserfassaden, die auch im Paris oder Berlin beheimatet sein könnten. Grüne Parkanlagen erstrecken sich am Ufer.

Wir freuen uns auf die nächsten Tage in Helsinki, das auch die Tochter der Ostsee genannt wird.

 

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Tallinn KGB Museum im Viru Hotel

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gut beschützt!

gut beschützt!

Von den eingesammelten Propekten im Touristenbüro stach mir ein Angebot ins Auge:Besuch des obersten Stockwerks eines Hotels wo das russische KGB seine Abhörstation eingerichtet hatte. Am Vortag hatten wir uns an der Rezeption für die nur mit Guide zugänglichen Räume angemeldet. Voller Spannung ging es rechtzeitig in die Stadt, denn um 13.00 Uhr sollten wir dort sein. Im Jahr 1972 waren es noch ungefähr 20 Jahre bis die Sowjetherrschaft in Estland enden sollte. In dieser Zeit musste das Hotel Viru, in dem ausländische Gäste abstiegen, im obersten Stock eine Aussenstelle des KGB beherbergen. Heute gibt das KGB Museum einen Einblick in die Ära der Parallelwelten zur Zeit des Kommunismus. Während die Elite der Sowjets unter der Parteiführung ohne unvorhergesehene Zwischenfälle lebten, so war die echte Welt draussen für das Volk komplizierter. In dieser Welt war die Hotelbar wo man an Devisen kam ein Magnet. Die heutige Werbung verspricht: Schon einmal Hammer und Sichel in der Valuuta Bar probiert?Erwartungsvoll lassen wir uns in der Hotel Lobby in bequeme Sessel fallen und beobachten das sehr geschäftige Treiben um uns herum. Nach einer Viertelstunde sind es bereits ca 25 – 30 weitere Touris, die warten und es wurden kontinuierlich mehr. Axel hat sich inzwischen bereits die KGB Räume im Internet angesehen und meint: In den engen Räumen mit den vielen Menschen macht die Besichtigung keinen Sinn. Das „Museum“ besteht aus zwei kleinen Zimmern mit aus heutiger Sicht alter Abhörtechnik und zwei Schreibtischen; nicht so spannend! Im Ergebnis wurden Regimekritiker und Gäste vom Klassenfeind überwacht und alles akribisch dokumentiert. Also bleiben wir sitzen als es los geht. Draussen prasselt mittlerweile der Regen. Stattdessen schlendern wir durch das dem Hotel angegliederte Einkaufszentrum Viru Keskus und das grosse Kaufhaus Kaubamaja. Das Warenangebot kann mit dem von Berlin, London oder Paris durchaus mithalten. Bekannte Marken und Luxusartikel finden regen Anklang bei der anscheinend kaufkräftigen Kundschaft. Wir warten darauf, dass der Regen aufhört und vorbei an vollen Restaurants und Shops sind wir froh bald aus dem Getöse von Waren, Menschen, Musik, Stimmen und Gerüchen herauszukommen.

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Die Nacht ist kurz. Die innere Uhr ist aufgeregt vor dem Start und ein prüfender Blick um 3.00 Uhr und 5.00 Uhr aus dem Seitenfenster zeigt, dass es bereits hell ist aber der Wind noch jault.Der Horizont ist hell und das Wolkenbild aufgeräumt, Wetterbesserung kündigt sich an. Wir starten bereits um 7.00 Uhr früher als geplant und das ist gut so, denn für den langen Törn brauchen wir auch guten Segelwind.Schnell sind die Leinen gelöst. Wir laufen aus und segeln noch in den ruhigen Wassern des Sundes geschützt durch die vorgelagerte Insel Farö. Beschäftigt mit Fotografieren übersehen wir fast die zweite Fähre, die sich von der Insel löst und das Fahrwasser kreuzt. Bald aus dem Lee der Küste heraus werden die Wellen höher aber mit halbem Wind schieben wir gut durch das Wasser. An Bord stellt sich die übliche Routine der Wachablösung und des Vorschlafens sein. Bald haben wir die Hauptschiffahrtsstrasse auf der der Cargoverkehr von West nach Ost und umgekehrt verläuft erreicht. Hier sind einige Tanker und Frachtschiffe unterwegs, die wir aber sehr gut im AIS verfolgen können und so jederzeit wissen wie nah sich unsere Kurse kreuzen. Die Geräuschkulisse ist zu gross, die Freiwache kann nur vor sich hindösen und das Klappern, klackern, schlagen und Ächtzen verfolgen. Trotz Abdunkelung ist die innere Uhr nicht auf Schlaf eingestellt. Trotz allem gelingt es mir mittags eine Stunde zu schlafen.Wir lesen, navigieren, essen – der Wind hat eine ideale Richtung und die See ist gnädig. So läuft Astarte wie auf Schienen Richtung Estland.Die Sonne versinkt um 22.30 Uhr Ortszeit, dies ist GMT +3 im Meer und hinterlässt einen gelborangen Schein, der über den Horizont nach oben strahlt. Der Mond steht zur guten Hälfte am wolkenlosen Himmel. Die Bedingungen für eine gute Sicht sind optimal. Unsere Hauptsorge besteht in ausgelegten Fischernetzen in Landnähe, denn nun nähern wir uns Sörveriff und damit der Südspitze der estischen Insel Saaremaa. Die See bleibt leer, kein Fisch-Fähnchen in Sicht. Die Seekarte gibt Aufschluss warum; fischen verboten, former mined area. Beklommen segeln wir über die dunkle See und denken an explosives Material, das möglicherweise nur wenige Meter unter unserem Kiel am Grund liegt. Wir werden verschluckt von der Stille. Nur die Wellen klatschen stetig an den Rumpf und das Spanten und Schotten arbeiten geräuschvoll. Die Dämmerung senkt sich über der Landmasse herab. Wir umrunden die Sörve Spitze und gehen mehr an den Wind. Dazu müssen die Segel dichtgeholt werden. Ich klettere auf das Achterdeck und bereite die Lazzyjacks des Besansegeln vor, da wir den Besen auf dem Kurs nicht mehr benötigen. Dabei bleibe ich an einer Klampe mit dem Zeigefinger hängen. Es tut höllisch weh und wird gleich dick und blau. Schnell Kühlung her. In einem schlauen Buch über alte Hausmittel lesen wir nach, dass Essigwasser die Schwellung abmildert. Kaum ist der Verband angelegt, lässt der Schmerz auch schon nach.

Bild 1: Farösund Abfahrt

Bild 2: Fahrwasserturm im Farösund Gotland

Bild 3: Ankunft in Montu auf Saaremaa Estland

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