Tag: Sassnitz

Sassnitz – der schnelle Aufbruch

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Eine Hochdrucklage würde uns für mindestens eine Woche in Sassnitz festhalten. Dies war uns dann doch zu lang und es wurde schnell umdisponiert. Heute war der letzte Tag wo wir mit Südost Wind noch Bornholm erreichen konnten. In Null Komma nichts waren die Leinen gelöst und unterwegs wurde alles verstaut und im Cockpit gefrühstückt. Da wir ein 50 sm Etmal vor uns hatten, konnten wir uns keine Trödeleien leisten.

Die Überfahrt lief glänzend. Stets mit um die 7 kn rauschten wir Richtung Nordost Dänemarks Sonneninsel entgegen. So wird Bornholm auch genannt, da ein Mikroklima hier für viele Sonnenstunden und schönes Wetter sorgt. Aus dem Funkgerät spricht eine männliche Stimme mit typischem norddeutschem Akzent. „Hier ist die Roland von Bremen. Die Roland von Bremen ruft die Emotion. Bitte gehen Sie an unserem Heck vorbei der CPA ist zu nah“. Die Antwort auf Englisch mit holländischem Akzent fällt negativ aus.

We are a deep draft vessel. I will not alter my course.

Der deutsche Segler scheint es nicht zu verstehen und quengelt noch zweimal rum. Stets kommt die stoische Antwort, dass das Cargoschiff seinen Kurs beibehalten wird und ihm nicht ausweichen wird. Schliesslich hören wir nichts mehr. Da hat wohl die Vernunft gesiegt, denn Tonnage geht vor Besserwisserei. Bestimmt ein Vereinsschiff mit euphorischer Herrencrew an Bord wo der Skipper seiner Crew mal zeigen wollte wie man das macht.

Ein herrlicher nahezu ereignisloser Segeltag ohne viele Schiffe zu sichten, wenn da nicht der unerwartet Besuch an Bord gewesen wäre.

Ungefähr auf halbem Wege flog plötzlich eine Brieftaube an Deck. Sie war beringt. Es dauerte keine 10 Minuten, da landete noch eine zweite auf dem Achterdeck. Die Vögel hatten alle Mühe sich auf dem schrägen Deck zu halten. Nach einigem Umherwandern und Inspektionsgängen liessen sie sich in einer Ecke nieder, krallten sich an der Schot fest und plusterten sich auf, um dem kalten Wind etwas entgegenzusetzen.

Zum Aufpäppeln gab es eine Handvoll Haferflocken, die aber kein Interesse fanden. Schliesslich entschieden sie sich dann doch beim zweiten Versuch mit Sonnenblumenkernen zu picken. Auch ein Schälchen mit Wasser wurde gerne angenommen. Unsere Gäste segelten bis Bornholm mit. Sie wichen selbst beim Segeleinholen und Auftuchen nicht zurück. Vor dem Hafen dann mussten wir sie endlich los werden. Sie stiegen in die Luft und schienen wieder Richtung See zu fliegen. Hoffentlich haben sie ein Schiff gefunden, dass sie wieder nach Rügen zurückbringt.Warnow sa-0057 sa-0068

Sassnitz

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Wir runden das Südperd, später Nordperd und queren dann die Prorer Wiek nach Sassnitz.

Ein Hafen, den wir vor über 15 Jahren bereits einmal angelaufen hatten. Mal sehen was sich verändert hat in dieser Zeit. Mittlerweile ist die See spiegelglatt, die Sonne sticht. Wir laufen zunächst die Bunkerstation an. Ein unglücklicher Anleger eigentlich nur für die Grossschiffahrt geeignet. Alles geschlossen und keine gute Position sich länger als nötig aufzuhalten. Wir steuern die neue Marina innerhalb der grossen Hafenbecken von Sassnitz an. Bisher liegen nur drei kleiner Segler dort, ansonsten sind alle Boxen verwaist. Eine Horde Möwen hat stattdessen die Steganlage in Beschlag genommen. Da heisst es aufpassen und all das Guano umrunden beim Betreten. In diesem Hafen wird erstmalig nach genutzter Boxengrösse und nicht nach Bootslänge bezahlt. Dies führt dazu, dass kleinere Boote keine grossen Plätze wie sonst belegen, sondern sich in die Box mit der geringsten Bemassung quetschen. Um das Hafenbecken grupperien sich Cafes, Restaurants, der alte Hafenbahnhof beherbergt einen Bäckereibetrieb. Eine moderne geschwungene freischwebende Fussgängerbrücke verbindet das Hafenareal mit der oberhalb der Steilküste befindlichen Stadt.

Alte Bäderromantik vermischt sich mit Ex DDR Tristesse.

Das nördliche Zentrum der Insel Rügen mit seinen 10200 Einwohnern ist der älteste Badeort an der Ostküste (seit 1824). Viele Prominente logierten im 19. Jahrhundert in den über 40 Hotels und Pensionen, darunter Theodor Fontane, Johannes Brahms und auch die kaiserliche Familie. Nach der Bahnanbindung 1891 entwickelte sich Sassnitz jedoch nach und nach zu einem Industriestandort für Fisch- und Kreideverarbeitung.

 

Ein eigentümlicher Mix aus modernen Eigentumsblöcken, alten Seebäder Villen und Plattenbau Altlasten macht Sassnitz heute aus. Hier ist im Gegensatz zu viele anderen Orten im Osten die Zeit doch noch ein bischen stehengeblieben. Besonders das 1969 erstellte Rügen-Hotel ist eine heruntergekommene Bausünde doch zugleich auch Wahrzeichen eines Teils der deutschen Geschichte.

Für eine kurze Nacht beherbergte Rügen einen Gast, dessen Name damals noch kaum jemand kannte. Am 12. April 1917 traf zu später Stunde ein Zug aus der Schweiz in Sassnitz sein, der einen plombierten Wagon mit sich führte. In diesem reisten Revolutionäre verschiedener Nationalität, die in Russland das Regime stürzten wollten. Es war darunter auch Wladimir Iljitsch Lenin, nach St. Petersburg . Die deutsche Reichsregierung hatte ihnen erlaubt, aus ihrem Exil in der Schweiz über Deutschland und Schweden nach Russland zurückzukehren. Lenin und seine Genossen mussten die Nacht in dem Zugabteil verbringen, da die letzte Fähre nach Schweden bereits ausgelaufen war, als sie in Sassnitz eintrafen.

Nach der Aufstockung unserer Lebensmittelvorräte, einem leckeren Fischbrötchen und gemütlichem Abendessen mit frischem Spargel verbrachten wir die Nacht an Bord.

Am nächsten Morgen legte ich unsere Wanderschuhe und Wanderbekleidung raus, denn wir wollten zum Königstuhl über den Höhenweg wandern. Doch Pläne ändern sich schnell, wenn man mit dem Wind reist.

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