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Die Nachtruhe war kurz. Bis 5.00 Uhr morgens haben die Bass-Schallwellen unsere Ohren geärgert. Nach dem vergeblichen Versuch am Vortag eine freie Waschmaschine vorzufinden, habe ich mir den Wecker auf 6.30 Uhr gestellt.

Open Air Night Clubs am Yachthafen

Open Air Night Clubs am Yachthafen

Bepackt mit dem Beutel schmutziger Wäsche klettere ich noch mit verknautschtem, schläfrigem Gesicht von Bord. Nichts rührt sich, alles ist wie ausgestorben.

Der Hafenboy ist in seinem Container auf dem Bürostuhl eingesunken und schläft tief. Siegessicher laufe ich zum Sanitärtrakt hinter dem hippen Teras Hafenrestaurant. Pech, es rumpelt – also wieder belegt. Die Putzfrau jagt mich grantig weg und gibt mir in Zeichen-sprache zu verstehen, dass sie noch eine Maschine mit Restaurantwäsche zu versorgen hat. Dafür also der früher Wecker, denke ich entnervt. Jetzt lohnt es sich nicht mehr, sich noch einmal aufs Ohr zu hauen. Ich quengele so lange bis Axel aufsteht. Es hat sich gelohnt. Die Altstadt ist nahezu menschenleer.

Am Mittag als sich der Rummel dann erneut zu steigern beginnt, haben wir uns bereits ein angenehmes Plätzchen ausgesucht und können durch die grossen Scheiben des Restaurants die Menschen draussen beobachten. Ein Mann ist gekleidet wie Charlie Chaplin, eine Asia-Touristengruppe passiert, Beardies, Hipster, Punks und Alternative, aber auch mal der normale Durchschnittstourist ist dabei. Wir geniessen die raffiniert zubereiteten frischen Speisen von einem vorzüglichen Buffet.

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Dazu gibt es noch den Benedict, ein pochiertes Ei mit blanchiertem Grünkohl auf selbstgebackenem warmem Brot mit einer schaumigen gekonnt abgestimmten Sauce Hollandaise. Das Desertangebot mit Karottenkuchen, Basilikumgelee, vielerlei Cremes und raffinierten Pralines ist das Tüpfelchen auf dem i.  Die freundliche, aufmerksame Kellnerin warnt uns vor dem Markt, den wir gestern besucht haben. Es ist das Eldorado für Taschendiebe. Das ausgiebige Essen und die gestörte Nachruhe fordern ihren Tribut. Vorbei am trendigen  Hafenrestaurant, dass schon wieder gut gefüllt ist, geht es zurück an Bord. Die Sonne steht noch hoch am Himmel. Ich starte einen erneuten Versuch, mit der Wäsche zum Zuge zu kommen. Der Treppenaufgang für Segler zum Sanitärblock führt direkt an den Restaurant-Tischen vorbei. Nach zwei weiteren Versuchen schaffe ich es am Abend endlich, meine Wäsche einzusetzen.

In Freizeitkleidung mit alter Short und T-Shirt sowie meinem überquellenden Beutel Schmutzwäsche quetsche ich mich dicht vorbei an einem Tisch wo ein eleganter älterer Herr mit weissem Bart in blauem Clubjacket, weissem gestärktem Hemd und aprikotfarbener Hose zwei  deutlich jüngeren Begleiterinnen den Hof macht. Er ist die russiche Version des Mario Adorf in „ Der Pate“. Er verwöhnt die blondierte Dame im leuchtend roten Kleid und die brünett gelockte Dame im Blumenkleid mit Champagner. Luxusautos meist deutscher Hersteller fahren vor und das illustre Klientel frönt dem Wochendspektakel: sehen und gesehen werden. Der schmale Gang vor der Waschmaschine liegt genau zwischen der Restaurantküche, den Toiletten und dem Durchgang zur Terasse. Ich knie vor der Maschine und drücke die Wäsche in die Trommel. Es ist stickig  und heiss. Kochdämpfe und Gebläse Ausstösse erfüllen die Luft. Kellner jonglieren mit vollen Tabletts direkt über meinem Kopf und müssen über mich hinübersteigen. Es ist wie auf einer Verkehrsinsel zur Rush hour. Mit eingezogenem Kopf drücke ich mich zwischen zwei langen Schürzen, die vorbeihuschen an die Wand. Schnell raus aus diesem Getümmel.