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Alle guten Dinge sind drei. So heisst es wieder einmal früh aus den Federn und ab die Post. Hatten wir uns am Vorabend noch auf einen längeren Aufenthalt in Farösund eingestellt, sind wieder neue Parameter eingetreten, die uns zum schnellen Aufbruch bewegen. Die nächsten Tage ist Starkwind aus wechselnden Richtungen angesagt.

Die Ostküste von Gotland mit ihren Buchten, Einschnitten und vorgelagerten Inselchen ist aber weiterhin dicht unter der Küste besegelbar. Durch ein Verholen nach Valleviken erhöhen wir unser Flexibilität für die Weiterreise. Ausserdem soll es der am besten geschützte Hafen von Gotland sein. Im Vorjahr hatten wir die Gegend mit dem Leihwagen erkundet und damals noch gewitzelt, dass wir in diesem Hafen mal nicht landen möchten. Doch nun wird es Realität. Natur pur positiv ausgedrückt oder nüchtern gesagt: Niemandsland. Hier sagen sich Hase und Eichhörnchen gute Nacht. Was soll´s – für eine Woche sind wir mindestens autark mit unseren Vorräten. So früh am Morgen liegt der Farösund noch ruhig da. Ein leichtes Kräuseln auf der Wasseroberfläche kündigt Wind an. Wir gleiten an der im Sund liegenden Insel Bungä Öre vorbei und können von der Wasserseite einen Blick auf das Ferienanwesen des Inhabers der H & M Kette werfen. Der schwedische Multimillionär nennt hier einen ganzen Küstenabschnitt nebst Privatinsel und eigenem Hafen sein eigen. Avantgardistisch hat er sich ehemalige Bunker zu modernen Feriendomizilen umbauen lassen.

Wir runden die Nordostspitze Gotlands und finden eine rauhe, ursprüngliche, dicht bewaldete Landschaft vor. Vorgelagerte Riffe aus schneeweissem Kalkstein sind Rückzugsorte für Möwen und Kormorane. Grössere Insel mit Grasbewuchs zeigen die typischen Raukare, stehengebliebene Felsüberreste, die durch Wind und Wetter zu bizarren Formen gestaltet wurden. Vorbei an einem verlassenen Steinwerk mit alter Mole und rostigem Kran geht es durch die kniffelige, unbetonnte Einfahrt zur Vallevik. Durch Aufkreuzen haben wir etwas Zeit verloren und das ruhige Wetterfenster um eine halbe Stunde überschritten. Als wäre ein Schalter umgelegt worden, fängt es pünktlich um 11.30 Uhr kräftig an zu blasen. Jetzt nur nicht festkommen, denken wir. Die Wassertiefe fällt auf unter drei Meter. Ich halte den Atem an und starre gebannt auf das Echolot. Entwarnung die Tiefen steigern sich wieder. 3,2; 3,7, 4,1 Meter. Uhhff, das wäre geschafft. Der Hafen kommt in Sicht.

Es liegen Fischkutter, Arbeitsboot, nicht fertiggestellter Holzrumpf auf der einen Seite und einige Segler an Bojen auf der anderen Seite in einem engen Schlauch. Gleich an der Einfahrt finden wir den letzten Platz zwar auf Legerwall, doch dafür haben wir Wasser und Strom. Die scharfkantige Steinwand darf keinen Kontakt mit dem Rumpf bekommen. Wir bringen jede Menge Fender aus und knoten abenteuerlich anmutende Pakete zusammen.   Den sehr heissen Sonntag Nachmittag verbringen wir mit einem Waldspazierung und erkunden die Umgebung. Am Hafen liegt ein Hotel wo grade das Frokostmenu grossen Anklang bei einigen Ausflüglern findet. Wir wundern uns über die Betriebsamkeit an diesem abgelegenen Ort. Später erfahren wir,  in Schweden ist heute Muttertag, hier Morsdag genannt.  Kinder planschen im seichen Wasser. Familien sitzen zum Picknick auf Decken in Gras. Im Hinterland liegen Holzhäuser. Einige Häuser im typischen Fallun-Rot gestrichen und mit weiss abgesetzten Balken erinnern an die Villa Kunterbunt von Pippi Langstrumpf. Der Waldboden ist bedeckt mit Tannennadeln und verströmt in der Hitze den typischen Waldgeruch. Nach der Wanderung zum Fardumeträsk, einem See, der sich langsam zu Land umwandelt und vertrocknet, erfrischen wir uns mit einem Bad im ehemaligen gefluteten Steinbruch. Das Wasser ist samtig weich. Die Ufer bestehen aus weichem Kalkstein und fallen steil ab. Langsam lasse ich mich in die frischen Fluten gleiten während ein junger Schwede gleich mit einem Kopfsprung abtaucht. Auf dem Rückweg treffen wir Mrs Bitten. Sie kassiert das Liegegeld. Frau Bittens (wobei Bitten ihr Vorname ist) Erscheinung wirkt merkwürdig deplatziert in dieser naturellen Einöde. Sie ist stark geschminkt mit knallroten Lippen, Lidschatten, exakter Frisur, Schmuck, Designersonnenbrille und eleganter Kleidung. So stapft sie uns durch das Gras entgegen und nimmt in ihrem Garten auf einem Schaukelstuhl Platz, der vom Wind bewegt wird.  Umständlich kramt sie einen kleinen rosa Abrissblock wie man ihn von den Gardrobieren aus dem Theater kennt, hervor. Auf einem bereits abgerissenen Schnipsel in ihrem Block sollen wir den Bootsnamen notieren. Nach der Übergabe einiger Banknoten ist der offizielle Teil vorüber. Die Konversation nach dem woher,wohin bringt uns die Neuigkeiten, dass wir gut daran getan haben, nicht wie geplant nach Slite zu laufen. Dort hätte es zwar mehr Infrastruktur gegeben, aber gestern ereignete sich in der Müllverbrennungsanlage ein Brand. Hier sogar habe man alle Fenster schliessen müssen, aber heute Morgen wäre über das Radio die Entwarnung gekommen, erklärt sie uns. Den nächsten Tag vertrödeln wir mit Joggen, Gymnastik und klar Schiff machen.