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Komplettieren wollen wir unsere Usedom-Rundreise mit einer Radtour nach Trassenheide und Zinnowitz. Die Weidelandschaft der Binnenseite wechselt bald mit dem hohen Kiefernwald der Ostseeküste. Immer wieder blitzt die schneeweisse Dünenkette durch die Bäume. Es riecht nach Harz.

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Auch im Wald ist es sandig. Teilweise bleiben die Räder stecken und wir müssen schieben. Zwischen den Bäumen verborgen stehen vielerorts einfache Holz baracken, alle in der gleichen Bauweise. Teils renoviert oder verfallen. Zeugen der DDR-Vergangenheit. So wurde im SED Regime geurlaubt.

Ferienbungalow

Ferienbungalow

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Die ersten Häuser des Kurorts Zinnowitz werden sichtbar. Das alte Seebad wird von prunkvollen Häusern aus wilhelminischer Zeit geprägt. Es hat aber auch viele schmucklose Bauten aus der DDR-Zeit, da es die meisten FDGB-Urlauber an der Ostsee verkraften musste.  Die Planungsbehörden des sozialistischen Staates begannen nach 1945 systematisch damit, die bürgerlichen Kurorte zu Ferienorten der Arbeiterklasse umzugestalten. Die ersten Gäste auf Rügen waren Kumpel aus dem Erzgebirge. Privat betriebene Hotels, Kurhäuser und Pensionen wurden enteignet und

staatlichen bzw. gewerkschaftlichen Organisationen zur Verfügung gestellt. Im Jahr 1953 fand auf Rügen die „Aktion Rose“ statt. Vermeintlich ein Wirtschafts- verbrechen begangen zu haben, führte oftmals zur Haft der Eigentümer. Die Gebäude konnten nicht mehr bewirtschaftet werden. Die Besitzer wurden so zermürbt und bestenfalls gelang ihnen die Ausreise in den Westen. Konnten Stahlwerker des Kombinats Eisenhüttenstadt anfangs noch das feudale Ambiente des fürstlichen Badehauses in Goor geniessen, so verkamen die Gebäude bald mangels Pflege. Für die steigende Nachfrage wurden Erholungsheime eingerichtet. Dies waren fünfgeschossige Bettenburgen in Betonplattenbauweise. Ferienkommissionen entschieden wer unter den Werktätigen (bevorzugt Aktivisten) einen Ferienplatz für wie lange erhielt. Acht Mark für den Strandkorb und 100 Mark für die Vollpension pro Woche waren auch nach DDR Masstäben nicht kostendeckend. Etagendusche – und Toilette, Kunststoffmöblierung und Kantinenessen wurden dafür geliefert. Privatzimmer konnte man sich durch Bestechung organisieren. Die Parteiführung indess richtete sich auf der, für die Bürger gesperrten Insel Vilm, komfortabel ein. Hübsche strohgedeckte Villen im Stil von Fischerkaten ausgestattet mit Schwimmbad, Sauna, Kegelbahn und Satellitenantenne für den störungsfreien Empfang des Westfernsehens, gestatteten dem inneren Zirkel der Führung einen angenehmen und ungestörten Aufenthalt. Walter Ulbricht residierte im Haus Nr 1.

Kleiner Hafen bei Lüttenort am Bodden

Kleiner Hafen bei Lüttenort am Bodden

Blick auf das Achterwasser

Blick auf das Achterwasser

Bei Lüttenort ist die schmalste Stelle Usedoms zwischen der Binnenseite mit dem Achterwasser und der Ostseeküste. Als wir die Eisenbahntrasse passieren, haben wir das Glück einen historischen Zug mit Dampflok zu sehen.

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Auf dem Rückweg erledigen wir unsere Einkäufe und stocken noch einmal die Vorräte auf, denn im Norden wird es einsamer.