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Noch im Halbschlaf dringt das sonore Schiffshorn an mein Ohr. Schraubenwasser, Maschinengeräusche. Langsam sammele ich meine Gedanken und für einen Moment sortiere ich – das klingt nach etwas ganz Grossem. In der Marina ist dafür doch gar kein Platz. Die Neugier siegt und ich schäle mich aus der Koje

Schlepper entfernt sich von der Sea Cloud Spirit

und peile vom Cockpit Richtung Hafenmole. Drei imposante Masten ragen auf. Das Rigg eines Windjammers.

Sea Cloud Spirit in Karlskrona

Nach dem Frühstück wollen wir uns das Ganze mal näher anschauen.

Hier liegt sie in ihrer ganzen Pracht. Der 2015 im spanischen Vigo  vom Stapel gelaufene Windjammer, die Sea Cloud Spirit gehört zur Familie der Sea Cloud Flotte. Vor Inbetriebnahme des Seglers im April 2021 erstreckte sich die Zeit von Auftragsvergabe im Jahr 2007 bis zur erstmaligen Nutzung über mehr als ein Jahrzehnt. Wirtschaftliche Probleme durch Werftkonkurs verschleppten die Fertigstellung des Kaskos und die Corona Pandemie legte den Einsatz auf Eis.

Das 138 m lange und 17,2 m breite Schiff ist ein Dreimaster mit 28 Segeln, die eine Gesamtsegelfläche von  4100 m2 bilden. Ein Hybridantrieb aus zwei dieselelektrischen Motoren bringt die Sea Cloud Spirit auf eine Reisegeschwindigkeit von max. 14 Knoten. Die 85 köpfige Crew sorgt  auf 4 Decks für das Wohl der 136 Passagiere. Ausgestattet mit 180 Grad Panoramarestaurant, Bistro, Lidobar, Lounge, Wellness- und Spa Bereich verspricht eine Kreuzfahrt an Bord Luxus und Wohlergehen gleichermassen.

An Deck des Kreuzfahrers läuft die Sicherheitsübung ab. Ein Crewmitglied winkt uns zu. Wir fühlen uns klein hier unten auf dem Kai. Der imposante Grosssegler in strahlendem Weiss mit der mächtigen goldenen Gallion unter dem Bugspriet lädt zum Träumen ein von fernen Gestaden, karibische Inselwelt, Südsee. Ob wir jemals so weit reisen in der Zukunft, wer weiss. Eher bin ich skeptisch bei Klimawandel und Zeitgeschehen.

Wissenschaftler vermelden: es wird immer stürmischer. Das bemerken wir als Segler auch und ein Beweis liegt zu unseren Füssen. Ein gebrochener Segelmast. Der Mast ist mindestens vom einer 10 bis 12 Meter Yacht.

Gestern Abend hatte sich der gewaltige schwedische Küstenwachkreuzer Amfitrite von seiner Aussenposition auf See in den Hafen verholt. Der schwimmende Gigant ist eines von drei nahezu baugleichen Multipurpose Vessels. Gebaut in Holland bei der Damen Schiffswerft gehört es zu den grössten Schiffen der schwedischen Küstenwache. Zu den Aufgaben dieser Klasse gehören Fischartenschutz und Fischereiüberwachung, Umweltschutz, Marineverkehrsüberwachung, „search and rescue“ Operationen, Abschleppdienste, Ölaufnahme aus dem Meer.

Die Amfitrite wurde in 2009 fertiggestellt und ein Jahr später an die Schwedische Küstenwache übergeben.

Einige beeindruckende technische Features vom Schwesterschiff Poseidon, dass zwei Jahre älter ist möchte ich aufgreifen:

Doppelrumpf über und unter Wasser, Eisklasse 1A, Länge über alles 81,2 m, Breite 16,1 m, Tiefgang 6,5 m. Verdrängung beträgt 5400 Tonnen. Zugstärke der Abschlepptrosse: 110 Tonnen. Eine Crew von 44 Mann ist vorgesehen.

Das Deckslayout ist mit Kränen für verschiedene Einsatzzwecke, Öl Rückgewinnungssystem, Abschleppwinden und Rettungsbooten bestückt. Der 24 Tonnen Hauptkran kann 21 Meter ausgeschwenkt werden. Das Feuerlöschsystem mit zwei Wasserlöschkanonen und einer Schaumkanone sitzt auf einer Kanzel. Das grösste Rettungsboot fasst 50 Personen.

Beeindruckend sind ebenfalls die Tankkapazität für 475 Kubikmeter Treibstoff, 60 m3 Frischwasser und ebensoviel Brauchwasser, 800 m3 Tank für geborgenes Öl und 180 m3 für Chemikalien. Navigation und Kommunikationssysteme sind ebenso State oft he Art mit X-Band und S-Band Radar, DP1 Dynamic Positioning System, Area A4 Global Maritime Distress und Safety System, Multibeam Echo Sonar und ein ROV, ferngesteuertes Vehikel.

Ein Stabilisierungssystem hält das riesige Schiff bis Windstärke 7 auf einer festen Position und neigungsstabil.

Das Herzstück eines solchen Megaschiffes ist der Antrieb, der  auf Diesel Elektrik beruht  mit zwei Azimuth Thrustern angetrieben von zwei Elektromotoren die mit 3300 kW 900 rpm generieren. Ein einziehbares Bugstrahlruder und zusätzlich ein Tunnelstrahlruder sorgen für hohe Manövrierfähigkeit. Die max. Geschwindigkeit beträgt 16 Knoten.

Schiffe haben mich von frühester Kindheit an fasziniert und bis heute nichts von ihrer Anziehungskraft für mich verloren. Es ist das Wechselspiel von Erfindungsgeist, technischem Fortschritt und der stetigen Bewährung der Schiffe auf See in Auseinandersetzung mit den Naturgewalten.