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Logbucheintrag vom Dienstag, den 23.07.19:

16.30 Uhr MEZ, W 1, sonnig 1021 hpc, 23 Grad Celsius, Kurs 158 Grad, nach Kursänderung Richtung Hals/Limfjord erneute Kurskorekktur auf alten Kurs, Wind eingeschlafen, See spiegelglatt ölig, zig Fliegen, Luft drückend.

Nach 42 Seemeilen unter Segeln starten wir die Maschine. Vielleicht ist es nur ein Winddreher und wir haben Glück, dass uns eine  neue Brise aus dem Flautenloch holt. Kaum hat sich der Wind gelegt, überfallen hunderte von Fliegen das Schiff. Wie sie so schnell in die Kabine kommen und dort in nahezu jeder Ecke rumfliegen und kriechen fragen wir uns. Jedenfalls ist es lästig. Da muss Fahrtwind hier. Wir reissen alle Luken auf und die Pratsche saust untermüdlich nieder auf die lästigen Plagegeister. Zusätzlich schlage ich mit einem Handtuch umher. Eine grosse Libelle lässt sich auf dem Besansegel nieder. Sie darf bleiben. Diesmal hat sich das Pokern auf Wind nicht ausgezahlt. Nach fünf Stunden Motorfahrt und 66 Seemeilen erreichen wir Bonnerup an der Nordküste von Djursland. Das Erste was der ankommende Seemann vom Hafen Bonnerup sieht sind die hohen weissen Windräder, die auf den Aussenmolen plaziert sind.

Hafeneinfahrt Bonnerup

Das Wasser ist klar, der Grund ist zu sehen. Vorbei an den Becken für die Fischer geht es Richtung Yachtbecken ins Päckchen an eine dänische Nauticat. Beide Yachtbecken sind pickepacke voll. Doch einer geht immer noch und so gleiten weiter Yachten mit dem letzten Büchsenlicht an uns vorbei, legen sich quer vor die Poller vor Boote der Locals, die verwaist aussehen. Zu beiden Seiten des Hafens erstreckt sich Sandstrand. Denkt man doch, die Ostsee ist tidenfrei, so wird man hier eines besseren belehrt. Flachuferzonen mit vielen runden Findlingen treten hervor bei Ebbe zwischen Ufer und davor gelagerten Sandbänken. Die Hafenbecken sind umringt von braunroten Ferienhäuschen. Restaurants, Eiscafe, Läden mit Sportausrüstung, Angelbedarf, Verkauf von Fischdelikatessen und Strandzubehör, eine aktive Fischereiflotte und Schiffswerft sorgen in Bonnerup für die richtige Mischung aus Betriebsamkeit und Erholungsort.

Auch hier werden die Gastboote wieder mit Brötchen verwöhnt. Zwei Stück pro Boot, diesmal abzuholen im Supermarkt. Uns gefällt das Angebot des „Det Maritime Hus“. Für EUR 50,- Mietgliedschaft pro Jahr oder EUR 20,- pro Tag können Familien mit Kindern Krebsstangen, Kanus, Kajaks, Jollen, SUP Boards und Schnorchel ausliehen, teils noch mit Lehrer und Anleitung für die Kinder. Die nächsten Tage tauchen wir ein in den Tagesrythmus des Ferienortes, wenn auch nur als Beobachter. Morgens gehen die Familien zum Strand. Ab Mittags füllen sich die Schlangen vor den Fressbuden. Eis in Geschmacksrichtungen von Lakritz bis Astronaut ist derr Renner, neben Haxen, spare Ribs, Kotlett und einer breiten Palette an Fisch und Krebstieren. Abends wird gegrillt und am Hafen flaniert. Die Quecksilbersäule steigt. Abseits der Küste steht die Luft. Da sind die vorbildlich angelegten Küstenwanderwege und Fahrradrouten ideal.

Bonnerup Oststrand

Auf geht es Richtung Kap zum Leuchtturm Knudshoved und Gjerlid klingt. Die Vegetation ist vielseitig. Der Wald reicht fast bis ans Ufer und am weiten Sandstrand verlieren sich die Menschen. Kleine Boote liegen vereinzelt vor dem Strand von Ausflüglern die Sonnenbaden oder Anglern die ihr Glück versuchen. Am Horizont ziehen die weissen Segel der Yachten vorbei und heben sich ab vom türkis und tiefblau strahlenden Wasser.

Es ist eine Küstenlandschaft mit einem seichten Strand, der durch tiefere Priele unterbrochen wird. Knietief lässt es sich hier endlos wandern. Eine leichte Brise kühlt und die schillernden Farben lassen Karibikfeeling aufkommen.

Wir nehmen ein kühlendes Bad in der selbst im Flachwasser kalten Ostsee. Das Wasser ist herrlich klar, keine Quallen, weisser Sand, eine angenehme Erfrischung.  Wieder im Sattel führt die Strecke bald vom Wasser weg. Kornfelder erstrecken sich über die Hügelrücken von Djurlands nordöstlichster Spitze.

Weit und breit keine Menschenseele verirrt sich bei der Hitze hierher. In Gjerrild gibt es ein Eis auf die Hand vom örtlichen „Kobmand“.

Unser Runde beenden wir mit der Rückfahrt durch schattige Wälder. Auch hier sind wir absolut alleine. Es gibt nur die Geräusche des Waldes, das knacken und knarzen der Äste, Vogelstimmen.

Erst in Bonnerup Strand ballt sich der Urlaubsrüssel um Supermarkt und Tankstelle. Mit laufendem Motor, damit auch ja nicht die Klimaanlage gestoppt werden muss, sitzen Kerle im Auto wartend bis ihre bessere Hälfte die Einkäufe erledigt hat. Das muss eigentlich nicht sein. Am Abend schallen Shantielieder über den Hafen und der Vorsänger spielt mit dem Schifferklavier auf. Zettel mit Liedtexten wurden verteilt.

Hafenkajen in Bonnerup

Es sind wohl an die einhundert dänische Rentner, die sich zu diesem Event versammelt haben. Viele sind mit eigenem Boot aus den umliegenden Häfen angereist. Schön, dass es solche Zusammenkünfte noch gibt im Zeitalter von Gamebox, Handy und unserer digitalisierten Welt.  Bekannte Songs über Reisen zu fernen Gestaden lassen Wehmut aufkommen. Dazu ein am Himmel in allen grau, rosa, rot und orange Tönen zerfliessender Sonnenuntergang. Besser kann die Kulisse für die Stimmung nicht sein. Am nächsten Morgen leert sich der Hafen und wir können einen schönen Längsseitsplatz ergattern.