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„Ich würde heute gerne das Wikingerschiffmuseum besuchen“, erkläre ich. Der Skipper antwortet: „Das ist was für Regenwetter.“ Also werden die Räder vom Deck gehievt, Packtaschen montiert und ab geht es über die Fahrradbrücke Richtung Schlossgarten.

Blick über Pipervika

Grade erreichen wir das Nationaltheater, da fängt es an zu regnen. Ein kurzer, heftiger Schauer den wir gut geschützt hinter hohen Säulen im Theatereingang abwarten. Mittlerweile ist es voll geworden. Per Rad geht es durch die Fussgängerreihen. Hier regt sich keiner auf. Der Mix aus Fussgänger, Elektroroller, Fahrrad, Rollator oder elektrischem Kleinauto für ältere Menschen völlig normal und funktioniert reibungslos. Am Platz des 22. Juli legen halten wir und betrachten die Inschriften auf einer gläsernen Gedenkwand. Drumherum ist der Boden ist über und über mit Glasscherben bedeckt. Die Scherben sollen die Zerbrechlichkeit des Seins symbolisieren. Hier wurde am 22. Juli 2011 ein Terroranschlag verübt. Eine zweite Bombe zündeten die Terroristen auf der Insel Utoya im Oslofjord. Eine Jugendorganisation einer Partei hatte ihr Ferienlager aufgeschlagen. Viele junge Menschen, teils 16, 17, 18 Jahre alt, kamen ums Leben. Überall Überwachungskameras und Betonblöcke, die Gebäude und Fusswege abschirmen. Eine schreckliche Tat wie viele andere Kriegs- und Terrorereignisse über die in den Medien berichet wird. Aber hier steht man konkret am Ort des Ereignisses, das ist schon sehr bewegend. Weiter geht es Richtung Olafskirche und im steilen Anstieg zum Damstredet, einem Strassenzug, der so gar nicht in die Umgebung passt.

Wie eine Insel liegen die malerischen alten Holzhäuschen geduckt an einem Steilhang. Endlich erreichen wir den Fluss Akerselva und können am Flussufer im Schatten der Bäume entlang radeln. Die Strecke geht stetig bergan. Bald müssen wie schieben, denn es wird richtig steil. Renovierte alte Industrieanlagen beherbergen das Arbeitsmuseum, Galerien, Filmproduktion und Werbeagentur sowie eine Kochakademie. Bald folgen Wohnviertel aus den 1960er Jahren mit hässlichen rechteckigen Wohnklötzen.  

Es ist schwül, hohe dunkle Wolken türmen sich im Westen. Grade geniessen wir eine frische Sushiplatte vom MENY, als der Schauer durchzieht. Wir beschliessen umzukehren und sausen bergab. Die Sonne scheint wieder als wir die Festung Akerhus besuchen. Eifrig fotografieren viele Touristen wie wir auch die Anlage. Doch eigentlich ist alles neu erbaut. Zwar wurde an dieser Stelle um 1300 mal eine Festung von König Hakon V gebaut, doch sie brannte im 16. Jhdt ab. Was historisch aussieht ist in Wahrheit aus dem 20. Jhdt. Das erfährt man nicht, dafür aber einiges über die Greueltaten der deutschen Wehrmacht, die im WW2 die Festung als Gefangenenlager und strategischen Kriegssitz eingenommen hatte. Schnell wieder nach draussen und die dunkle Vergangenheit hinter sich lassen. Da geniessen wir lieber den Blick über den Hafen bevor wir auf die gegenüberliegende Seite der Bucht zurück nach Frognerkilen radeln.