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Rosala

Neptun ist uns hold und die Wetterlage bleibt stabil. So entscheiden wir die Südroute durch das Inselarchipel, das den bottnischen Meerbusen von der südlichen Ostsee trennt und zwischen Finnland und Schweden liegt, zu nehmen. Die nächste Etappe führt uns zum Rand des dichteren und noch bewaldeten Inselgürtels nach Rosala. Wie üblich viel Schiffsverkehr in beide Richtungen. Einmal kommt uns ein Schwesterschiff entgegen. Ein baugleicher Schiffstyp.
Gegen 14.00 Uhr erreichen wir unser gewähltes Ziel. Doch wo sollen wir unterkommen?

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Einer geht immer noch!

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Der Steg ist voll. Mast reiht sich an Mast, Heck an Heck. Vorsichtig umkreisen wir den Steg und entdecken eine Heckboje, die noch nicht benutzt wird. Doch was bringt es, denn an den Steg kommen wir nicht – kein Platz. Noch unschlüssig, ob wir den Anker werfen sollen, winkt ein Mann vom grossen Motorboot neben der Tonne uns heran. Axel gibt Gas. Ich rufe vom Bug: ” Nein es geht nicht, die vermeintliche Lücke ist keine Lücke; die benachbarten Schiffe berühren sich schon!  Wir holen uns Schrammen.” Doch Versuch macht klug. Alle immerhin zwölf Fender ausgebracht schieben wir uns vor. Viele Hände sind plötzlich zur Stelle. Es wird gezerrt, geschoben, gedrückt, gequetscht. Fender quietschen. Wir sind drin und stecken fest wie eine Presswurst. Leinen sind eigentlich überflüssig. In der Mitte wo die Rümpfe am breitesten sind, passt keine Hand dazwischen, höchstens hochkant. Wir hoffen auf Windstille, sonst gibt es Bruch. Zur Linken ein Stahlpott. Wir ergeben uns in das Unvermeidliche und hoffen auf eine ruhige Nacht. Auf dem Steg liegen schon zig Kabel und Unterverteiler für den Landstrom. Jedes Schiff hat sich noch irgendwie in diverse Mehrfachstecker eingeklinkt. Wir finden eine Steckdose auf dem Vordeck unseres Motorboot Nachbarn in dessen Kabeltrommel. Der deutsche TÜV dürfte hier nicht vorbeischauen. Wir sind das einzige deutsche Schiff. Die Finnen sehen alles locker. Noch sind wir im Glauben den letzten Platz ergattert zu haben. Doch am Abend haben mindestens noch 15 weitere Schiffe festgemacht. Kurzum wir haben eine Lektion gelernt: Hier wird das Unmögliche möglich gemacht.
Die Insel ist urwüchsig. Dichter Laub- und Nadelwald säumen den Sandweg, der ins Inselinnere führt. Bald erreichen wir eine asphaltierte Strasse. Ab und zu einige Radfahrer, mal ein Auto, sonst Natur. Es ist sehr warm. Hummeln, Wespen, Bienen schwirren durch die Luft, lassen sich auf Blüten nieder. Harzgeruch mischt sich mit dem Duft der Blumen und der Feuchte des Waldes. Der Boden unter den Bäumen ist von einem grünen Teppich bedeckt. Überall wachsen Blaubeeren. Die kleinen dunklen Beeren sind unter den Blättern versteckt. Etliche Ameisenhaufen erheben sich neben den Baumstämmen. Himbeersträucher locken mit ihren roten Beeren. Wir scheuen uns hier ins dichte Unterholz vorzudringen. Die Zeckengefahr lauert! Später wird die Landschaft lichter. Grasflächen, ein kleines Dorf, Wikingermuseum und ein Fischereihafen – mehr gibt es nicht. Wir stellen fest: das Leben hier ist einsam und karg. Wer hierher kommt, der sucht die Natur und sonst nichts, denn es gibt nichts. Aber die Stille, die Luft, eben dieses Nichts ist mehr als man sich vorstellen kann. Wir kehren an Bord zurück und freuen uns auf den nächsten Tag.

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