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Nur 0,8m auf der Anzeige. Der Wasserstand ist gefallen. Der gestrige Abend mit seinen kräftigen Böenwalzen und Schauern aus Südost hat wohl weiter Wasser aus der Ostsee gedrückt. Kaum geht bei uns die Maschine an, ist der Nachbar auf seinem Motorboot auch schon in Badehose auf Hab Acht Stellung, dass wir ja nicht an seine hochglänzende blaue Bordwand kommen.

Astarte mogelt sich schlank aus der Lücke und vorbei an den Anglern auf der Mole geht es weiter nach Norden. 

Logbucheintrag: Wind SSE 3 bis 4, Strom 0,5 nordsetzend, sonnig, 1022 hpc, 18,8 Grad Celsius. Wir entfernen uns rasch vom Hafen. Die Kräne, Ölriggs und Tanker im Industrie- und Fährhafen Fredrikshavn liegen bald voraus. 

Skyline von Fredrikshavn

An Steuerbord die idyllische Insel Hirstholmen, die bei ruhigem Wetter zu einem Stop einlädt. Die Innenroute ist fahrbar laut Seekarte, doch plötzlich flacher als verzeichnet. Schnell werden die Segel eingerollt, als das Echolot auf die drei Meter Marke fällt. Wir tasten uns vorsichtig weiter. Dichter und dichter an den in der Sonne gleissend hell liegenden Sandstrand, denn hier ist das tiefere Wasser. Wären wir nicht so konzentriert und mit gespanntem Blick auf den Tiefenmesser fixiert, könnten wir das Farbenspiel der Natur noch mehr geniessen.

Smaragdgrünes Wasser wechselt zum milchigen Türkis und schliesslich schlammigen Braun. Giftgrüne oder schwazrbraune abgerissene Algenbüschel treiben uns entgegen. Der Himmel in pastelligem zarten Blau lässt die Grüntöne noch kräftiger erscheinen. Endlich setzen wir uns von den Flachs ab und laufen an Strandby vorbei. Hier wird täglich Fisch angelandet, der allmorgendlich auf einer Auktion versteigert wird. Unser Ziel Aelbaek liegt im Scheitelpunkt einer langezogenen Bucht. Über Land türmen sich dunkle Wolken aus denen in der Ferne Regen niedergeht, während wir noch in strahlender Sonne segeln.

Es ist ein Naturschauspiel, dass uns in seinen Bann zieht. Das Meer ist leergefegt. Nur ein kleines rotes Fischbötchen sammelt sein Netz ein. Drohend schieben sich die geballten Wolken von West heran. Doch glücklicherweise bleiben sie über dem flachen sandigen Landstreifen hängen. Der Hafen von Aelbaek ist auszumachen. Der Skipper will noch den Autopiloten neu kalibrieren. Dafür werden enge Kreise gefahren. Das ist unser Glück. Denn eine von Norden kommende Yacht scheint in der Hafeneinfahrt aufzustoppen oder vermutlich auf Grund zu kommen. Wir wissen es nicht, nehmen dies aber als Warnung und tasten uns langsam vorsichtig im Fahrwasser heran. Auf der Barre fällt die Tiefe auf 2,3 Meter ab. Wenige Meter weiter genau zwischen den Molenköpfen setzen wir auf bei 1,6 Metern Tiefenangabe. An einer Stelle wo es in dem kabbeligen Wasser sonst schnell in das geschützte Hafenbecken gehen sollte. Maschine voll zurück. Wir kommen frei und mit Tempo geht es acheraus. Da kommt ein Fischkutter, der in den Hafen einlaufen will uns im engen Fahrwasser bedenklich nahe. Ich rudere mit den Armen und schreie dem Mann auf dem Vordeck zu: too shallow, too shallow…for us. Wir schlittern vorbei und schaukeln heftig hin und her. Der Fischer gestikuliert, dass er uns reinlotsen will. Wir sollen möglichst weit rechts fahren. Doch wir laufen ab uns suchen schnell das Weite. Nach diesem Schreck setzen wir Kurs auf Skagen ab. Der mächtige Seehafen mit seinen stäbigen der See trotzenden Steinmolen hat anderes Format. Hier liegt die grösste Fangflotte Dänemarks. Gewaltig wölben sich die Bugs der stählernen Fischtrawler auf. Riesige Netztrommeln sind über ein breites Heck montiert über das die Netze eingeholt werden. Namensgebung und Heimathäfen zeigen, dass die Trawler weit in die nordischen Gewässer vordringen. Island, Irland und die Färörinseln, welches ja zum Staasgebiet Dänemarks gehören, sind vertreten. Die Kais für die Yachties liegen zwischen den malerischen ehemaligen Fischlagerhäusern, Pakhuset genannt. Alles hübsch restauriert in weiss-rot gehalten beherbergen die ehemaligen Schuppen nun Cafes und Restaurants. Es ist Wochenende und der Hafen ist trotz Vorsaison gut gefüllt, Wir finden im Päckchen Platz neben einer X Yacht aus Deutschland, deren anscheinend grade angereiste Herrencrew sich zwischen einem gossen Stapel nicht verstauter Gepäckstücke ausruht. Während des Aufploppens der Bierdosen im fünf Minuten takt eröffnet uns der Skipper: „ Wir wollen morgen um 4.00 bis halbfünf aufbrechen.  Davon lassn wir uns nicht abschrecken und bleiben. Noch etliche Yachten finden in irgendeiner Ecke Unterschlupf und die Kakophonie des Lärmpegels aus dem Gemisch von feucht fröhlichem Gesang, schallendem Gelächter, Musik, Maschinenlärm der Kutter und dem Zischen der Klimaanlagen der umliegenden Lagerhäuser in denen der Fisch gekühlt wird, findet um 21.30 Uhr seinen fulminaten Höhepunkt. Um elf geht es schliesslich müde in die Koje. Doch die gröllenden Gesänge von Bord eines grossen Motorbootes in ummittelbarer Nähe halten uns wach. Irgendwann verschwimmen die Shanty Reime in meinem Kopf zu: shallow, shallow Baby….