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Es knallt. Hinter uns sind zwei ineinander gekracht. Ich schreie: „ rüber, rüber, rüber“ und gestikuliere wild mit den Armen.

Der Junge ruft: „unser Motor ist ausgefallen“. Die kleine Malö gerät gefährlich nah an den Tanker. Damit nicht genug, wird gegen seine Bordwand gedrückt und mit kreischendem Geräusch kratzt die Saling an der Bordwand des Stahlriesen entlang. Die Decksmannschaft des Cargos kann nicht helfen. Gute 15 Meter trennen sie vom Geschehen unterhalb. Dann die rettende Leine. Der Holländer schnappt sie und zieht den Havaristen zu sich heran. Das Boot schlittert weiter vorwärts verhakt sich im Ankergeschirr des Helfers. Ich stehe auf den wackeligen Bohlen, die mit Gummimatten belegt sind. Mit Schwung weitergeschoben durch das starke Schraubenwasser des Frachters kommt die Yacht auf mich zu. Schnell greife ich eine weitere Leine und belege. Die Fahrt ist aufgestoppt und die Familie kann erstmal aufatmen. Schäden begutachten und durchschnaufen. Die Bordfrau atmet hörbar aus. Auch ohne das Malheur des kleinen Seglers war die Anfahrt auf die Schleuse Kiel Holtenau ein reines Tohuwabohou.

Scenebild; die Havarie wollten wir nicht knipsen

Am viel zu kurzen Wartesteg mit Zahlautomat bildete sich ein riesiger Pulk wartender Boote in mehreren Viererpäckchen. Die Entgegenkommer legten auch noch zusätzlich aussen am jeweils letzten Schiff an oder liessen einen Mann übersetzen, um zur Zahlstelle zu kommen.

Es gibt nur eine einzige für beiden Fahrtrichtungen. Nach zwei geschlagenen Stunden die knarzende Durchsage „ Spoooortbode zügig einfahren“. Die einzige Schleusenkammer in Bedienung war bereits von einem grossen Frachtschiff belegt. Im Entenmarsch sollten sich alle Boote seitlich vorbeidrücken in einer schmalen Rinne der paar verbliebenen Meter vorbei am strudelnden Heckwasser. Die Kolonne schob sich eng an eng Meter um Meter rein. Kaum im Einzugsbereich des Schraubenwassers verdrifteten wir. Unser Hintermann wollte sich noch zwischen uns und den Cargo schieben, aber das ging schief. Beinah wäre er in uns reingefahren. Axel ruft: „ Spring schnell ab“. Während das Schiff noch in Fahrt an den Schwimmpontons entlang läuft, muss ich runter. Die Lücke unter mir wird schnell gefährlich grösser. Ich taxiere genau und lande auf dem Ponton. Die Leinen mitführend geht es nun wie bei einem Dompteur in der Magnege im Schritttempo weiter vor. Endlich können wir belegen. So eine Schleusung brauchen wir so schnell nicht noch mal. Endlich auf der Förde erschliesst sich ein Bild friedlicher Wochenendsegelei. Die Luft ist schwül, der Himmel bedeckt. Unter Genua geht es Laboe entgegen. Das Ehrenmal zeichnet sich schon ab im Dunst. Die Euphorie der sich aus dem Kanal ergiessenden Yachten steigert sich. Alles stiebt auseinander wie tollende Fühlen auf der Weide. Unter einer krachtigen Wolkenwalze die ordentliche Böen heranschiebt geling uns ein schwungvoller Anleger. Heute hat sich der Skipper seinen Anlege Kaffee mehr als verdient. Geschickt hat er uns durch Getümmel, strömende Fluten und zwischen Hindernissen manövriert. Wir beschliessen uns mit einem leckeren Fischgericht im Restaurant Fischküche zu belohnen. Vielleicht gewagt am Feiertagswochenende mit einem Platz zu rechnen, doch wir versuchen unser Glück. Eine weitere Schlacht ist zu schlagen. Auch hier warten, vorrücken, warten, vorrücken. Der Laden brummt wie ein Bienenstock. Endlich landen zweimal Lengfisch mit Linsensalat auf unseren Tellern. Mit vollen Bäuchen, gut gesättigt wandern wir noch zum Ehrenmal und am Fördestrand entlang. Die Förde hat sich geleert. Der Wind hat sich gelegt. Die Strandkörbe sind verwaist, nur vereinzelte Möwen lassen sich auf ihren Dächern nieder. Für viele geht in Laboe ein geruhsamer Urlaubstag vorüber, für uns ein ereignisreicher Reisetag.