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Nachdem der Wind eingeschlafen war und wir die restlichen Seemeilen bis zur Ansteuerungstonne des Seegats zum Lauwersmeer und der Insel Schiermonikoog unter Maschine laufen mussten, zieht nun eine rustige Abendbrise an. Die Segel kommen raus.

Aussenhafen Lauwersoog

Wir schwenken ein und gleiten über die flachste Stelle der Barre. Das Timing

stimmt, die See ist freundlich gestimmt. Ganz anders zu einer versuchten Anfahrt vor Jahren, die wir aus Sicherheitsgründen abbrechen mussten. Hell strahlen die flachen Sände des Engelmannschen Gatts und die beiden Leuchttürme auf Schiermonnikoog ragen in der Ferne auf wie zwei bunte Bleistifte. Schiermonnikoog hat seinen Namensursprung in den Wörtern schier und Monnike was soviel heisst wie graue Mönche. Irische Mönche besiedelten die Insel bereits ca 500 v.Chr. und brachten ihr Glaubensbekenntnis an diese Gestade. Das Fahrwasser windet sich und wir brauchen noch gut eineinhalb Stunden bis wir vor der Hafeneinfahrt stehen. Mit gutem Schub schnellen wir zwischen die Molen, denn inzwischen bläst ein ordentlicher Wind. Der Hafen zeigt sich bis auf einige wenige Boote und Kutter verwaist. Freie Platzauswahl sollte man meinen. Doch wir wissen nach unserer Erfahrung auf dem Hinweg, dass die meisten Plätze bei Niedrigwasser weniger als einen Meter tief sind. Also wählen wir die Innenseite des Aussensteges. Ein rot/weisses Band flattert im Wind, es soll wohl Möwen abhalten. Diese Massnahme kennen wir auch aus anderen Häfen. 

Wir richten uns ein, bezahlen am Hafenautomaten, laden Strom über eine Aufladekarte in den Stromzähler und klaren auf. Grade kochen wir, da klopft es  am Rumpf. Axel entert auf. Es ist der Hafenmeister, Ich höre gleich einen intensiven Disput. Ohne Begrüssung wird er regelrecht angeschnauzt, ob er nicht wisse was das rot/weisse Band bedeutet, der Platz sei gesperrt für Calamiteiten (Notfälle). Was absolut lächerlich, da man im Notfall nicht auf die Innenseite eines Steges rangieren kann. Zumal die ganze Aussenseite ebenso komplett frei ist. Axel versucht ruhig zu erklären, dass wir auf den weiter innen liegenden Plätzen aufliegen und dann nicht rechtzeitig zur passenden Tide am nächsten Morgen weiterkommen. Der Hafenmeister bleibt wütend und brüllt: „ Zahlen Sie doch erstmal das Hafengeld. Ich schmeiss Sie hier gleich ganz aus dem Hafen bei diesem forschen Ton“. Das wir längst bezahlt haben und der Quittungsbeleg direkt vor seiner Nase an der Reling hängt, scheint ihm in seiner Rage entgangen zu sein. Der Dialog mildert sich etwas ab und wird freundlicher. Nachdem er Luft abgelassen hat, können wir bis morgen auf dem Calamiteiten Platz bleiben, dann aber sollen wir wechseln. 

Am Morgen legen wir ab, wollen eigentlich weiter, aber das Wetter spielt nicht mit. Also weiter auf stand by und zum neuen Platz. Im Wasser zähle ich schon die fünfte tote Möwe. Jede Menge Treibgut aus Holz, Plastik, Müll und Seetang hängt in den Hafenecken und bildet eine muffige Suppe. In einiger Entfernung liegt der Innenhafen mit angegliedertem Campingplatz und kleinen Supermarkt. Lauwersoog ist Europas grösster Fischereihafen für Garnelen. Industrieatmosphäre. Es gibt nicht viel zu sehen.

Am nächsten Morgen gibt es am neuen Platz keinen Strom. Uns bleibt nichts anderes übrig, als den wechselmutigen Hafenmeister zu kontaktieren. Dieser ist plötzlich hilfsbereit und läd sogar Strom von seiner Masterkarte in die Säule. Ich laufe über den Steg, um Müll wegzubringen. Er sieht mich und fragt: „ Darf ich Ihnen das abnehmen, ich bringe den Müll für Sie weg. Wenn Sie irgendetwas brauchen, fragen Sie nur. Wir tun hier alles für unser Gäste.“ Zuckersüss und schleimig. Hat er über Nacht eine Gehirnwäsche erhalten? Ich bin von den Socken. Nach dem Frühstück machen wir einen Erkundungsrundgang. Eine Schulklasse wird im Fischfang unterwiesen. Mittlerweile hat sich ein neuer Gast in den Hafen verirrt. Zwei Männer aus des äussersten Osten Finnlands überführen eine grosse Motoryacht nach Süden. Doch nach einem kurzen Versorgungsstopp entscheiden sie weiter Strecke zu machen. Abends testen wir eines der Restaurants mit angeschlossenem Fischverkauf. Meine Seezungen sind superfrisch. Was hier angelandet wird kommt gleich aus der See, herrlich. Satt und zufrieden kehren wir an Bord zurück. Wieder Strom aus. Also rufe ich den Hafenmeister an, denn er hat ja für alle Fälle seine Hilfe angeboten.

geschützter Binnenhafen von Lauwersoog

Eilfertig am Telefon, verspricht er mir, ich bin gleich da. Keine zehn Minuten später ist er auf dem Steg. Ich begrüsse ihn freundlich und zeige ihm das Problem an der Stromsäule. Er läd nochmal mit seiner Karte nach und fährt mich wütend an: „ So ich habe genug von Ihnen, das war das letzte Mal. Ausserdem zahlen Sie doch erstmal ihren Platz.“ Ich kann  es kaum fassen. Was ist mit dem Mann los. Ruhig verweise ich auf unseren neuen Zahlungsbeleg. Ohne ein weiteres Wort dreht er sich grantig um und geht brummelnd zum nächsten Schiff.

Ist es die salzige Seeluft, die ihm nicht bekommt oder die Tatsache, dass der Hafen anscheinend völlig unbeliebt ist und damit so gut wie leer? Jedenfalls können wir uns den Grund dafür gut vorstellen. Die meisten Boote schleusen nämlich gleich durch zum Innenhafen. Für uns war dies leider keine Option, da die Öffnungszeigen der Schleuse aktuell nicht zu den Tidenfenstern für unsere Weiterfahrt passen. Mein Resumee:

Lausige Laune in Lauwersoog.