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Rock auf dem Kutter

Wumm, wumm, wumm tata.. , mit ohrenbetäubendem Trommelwirbel legen sich die Teilnehmer des Spielmannszugs ins Zeug ihren Zuhörern die grösstmögliche Lautstärke zu bieten. Das passt grade nicht für uns, denn wir manövrieren im Norderhaven von Harlingen und die Lücke am Kai liegt keine zwanzig Meter vom Spektakel entfernt. Da gehen die Kommandos im Trommelwirbel unter. „ Wie bitte? Ich verstehe Dich nicht? Schreie lauter!“ Wir brüllen über das Deck durch die Kaskaden der Tuschs hindurch, doch es kommen nur Bruchstücke an.

An der rostigen Spundwant müssen wir vom Hafen gestellte Fenderbretter zusätzlich an der Reling befestigen, um im Tidenhafen bei Wasserstandsänderung von der Wand abgehalten zu werden. Lange Leinen baumeln im schmierigen Hafenwasser. Nach dem Anleger sehe ich aus wie nach einem Bergwerksbesuch. Schwarze Knie, blaue Flecken. Keiner möchte diese unbequemen Plätze belegen und da kommt schon gleich die nächste Yacht um bequem an uns festzumachen.

Kein Problem antworten wir, aber morgen früh starten wir um 7.30 Uhr. Zu früh für die Familie am Sonntagmorgen. Unser Glück, den später wird ein Platz am Schwimmsteg frei und wir können uns verholen. Die Leinen fliegen förmlich ab, denn andere haben die Möglichkeit auch gesehen und das Wettrennen beginnt, aber wir schaffen es. Endlich zurücklehnen und durchatmen. Der Tag war anstrengend. 

Makkum am Morgen verabschiedete sich mit strahlendem Sonnenschein, glatter See und friesischen Eindrücken wie aus dem Bilderbuch. Wochenende bei bestem Wetter, das gibt Betrieb! Vor der Seeschleuse Kornwerderzand nimmt die Verkehrsdichte merklich zu. Im grossen Pulk rücken wir meterweise vor.

In der Schleusenkammer geht der Tanz los. Was macht unser Hintermann? Die Hallberg Rassy fährt uns um ein Haar hinten rein. Haarscharf geht das Ankergeschirr an unserem Heckkorb vorbei. Axel hat den feindlichen Bug in letzter Minute abgefangen. Das eigene Boot auf Position zu halten und andere Schleusenkandidaten vom “Ramming” abzuhalten, ist fordernd. Aber der Gegner hört nicht auf in uns reinzurauschen. Axel muss ständig Vorschub auf den Propeller geben und ich den Abstand zu unserm Vorderschiff halten. Dies ist schwierig, da es ein kleineres flacheres Boot ist. Schnell einen Fender an Anker befestigen. In der Eile passe ich nicht auf und der Knoten löst sich. Schwubs fliegt der Fender ins Wasser und treibt gleich davon. Der Hamburger Segler vor uns hilft. „ Hier halt mal meine Achterleine und reiche den Enterhaken herüber. Nun habe ich nicht nur unsere Vorleine in der einen, sondern auch noch seine Heckleine in der anderen Hand und muss beide gleichmässig führen, denn der Wasserstand in der Schleuse ändert sich.  Um an den hinter mir auf Deck liegenden Enterhaken zu kommen, lege ich einen halben Spagat hin. Beide Hände belegt, versuche ich den Haken mit dem Fuss näher zu mir heranzuziehen. Es klappt. Ich greife den Haken, schwinge ihn herum und reiche ihn zum Vordermann. Damit kann er den Fender herausfischen. Das Spektakel amüsiert die anderen köstlich. Die „Onlooker“ auf den anderen Booten lachen schadenfroh. Für uns ist es nervenaufreibend. Gefährlich nahe kommen ständig Vorder- und Hinterschiff. Es ist ein Tanz zwischen den Rümpfen, Maschine vor, zurück. Dann verlässt ein Schiff nach dem anderen die Schleuse, doch alle müssen noch vor der Brücke warten. Die Zeit wird knapp für das Tidenfenster. Endlich geht die Brücke hoch. Nun bleibt nichts anderes mehr übrig, als mit voller Marschfahrt die Reise fortzusetzen, denn die Strecke nach Harlingen hat eine Flachstelle, die wir nur nahe Hochwasser queren können. So holt jeder alles an Geschwindigkeit raus, um die Verzögerung in Kornwerderzand wett zu machen. In Harlingen ist Fischerfest. Die Häuser zieren Fischernetze, bunte Wimpel, historische Dampfmaschinen am Ufer und traditionelle Wasserfahrzeuge in den Grachten und Kanälen.

Einige haben sich thematisch passend verkleidet, andere tschunkeln feucht fröhlich in Bierlaune oder tanzen zu Livemusik. Jeder ist aus den Häuschen und  in Feierlaune. Wir schlendern durch die Strassen. Die Sonne wärmt und taucht den Hafen in glänzendes Licht. Wir lassen die Feierwütigen hinter uns und stocken vor unserem morgigen Start nach Vlieland im örtlichen Supermarkt unsere Vorräte auf.

Astarte spiegelt sich am Morgen in noch stillen Wasser