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Noch ein weiterer Tag an der Burgervlotbrug am Steg. Diesmal unfreiwillig. Kein Wegkommen am Morgen. Der Wind hat gedreht und in der Nacht bereits wieder zugelegt. Am Morgen ziehen Binnenschiffe und Schlepper in Südrichtung. Jeweils neben uns vor der Brücke müssen sie warten und bei Seitenwind manövrieren.

Keine leichte Aufgabe. Da sollte es doch den kleineren Motorbooten auch gelingen. Ein circa zehn Meter langes stäbiges Motorschiff wird  von einer Windböe erfasst und versetzt schräg. Der Skipper fährt sehr langsam und zaghaft, so dass im Schiff zu wenig Fahrt ist. Sein Heck nähert sich unserer Breitseite bedrohlich und mit Schwung. Bevor es zum Crash kommt rennt seine Frau zum Heck und es geling ihr in der letzten Sekunde sich abzustossen. Haarscharf schlittert die scharfkantige Heckplattform an unserem Rumpf vorbei. Glück gehabt, sonst hätte er uns aufgeschlitzt. Nach dieser Situation wollen wir eigentlich weg, aber es gelingt nicht. Nach einigen Versuchen in Springs einzudampfen, geben wir auf (wir wollen nicht zu viel Druck auf die etwas marode wirkenden Klampen am Steg geben). Am nächsten Morgen starten wir ungehindert.

Schiebebrücke

Das Wetter hat sich beruhigt. Die liebliche Landschaft breitet sich vor uns aus. Weiden, Schafe ab und zu ein Häuschen. Wir blicken einem entspannten Tag entgegen, wo die Landschaft im Schritttempo an uns vorbei gleitet. Doch was ist das? Doppelrot an der nächsten Brücke. Das heisst Vollsperrung. Ein riesiges Ungetüm von Bagger liegt in der Brückenpassage. Die Brücke steht auf. Eine Fussgängerfähre pendelt vollbepackt mit Radfahrern und Passanten von einer auf die andere Seite. Wie warten einige Minuten. Dann bewegt sich der Bagger und lässt ein Binnenschiff aus der Gegenrichtung passieren.  Na geht doch, denken wir. Aber für uns bleibt es rot.  Im Gegenteil, der Bagger bezieht sofort wieder seine alte Position. Wir funken mit der Verkehrszentrale.Die Antwort: „When you fit, you can pass.“ Wir sollen uns versuchen am Bagger vorbei zu manövrieren.

Es klappt knapp auf einen halben Meter an jeder Seite. Bald schon das nächste Hindernis. Riesige silberne Silos werden per Kran auf Schuten verladen und das Schwertransortgespann von Schleppern manövriert. Das gibt mächtig Schraubenwasser. Die behelmten Arbeiter sind beschäftigt. Endlich stoppt wenigstens ein Schlepper auf und wir können passieren.

Endlich ist das letzte Stück geschafft und wir nähern uns den Hafenanlagen von Den Helder. Hier tut man gut daran erstmal im geschützten tidenfreien Innenhafen festzumachen. Für die nächsten Tage ist wieder Regen und Starkwind vorhergesagt. Ausserdem ist der Weg zum Zentrum vom Aussenhafen weiter. Den Helder als Hauptmarine Stützpunkt der Niederlande und betriebsamer Hafen für die Offshore Versorgungsboote der im Bau befindlichen Windparks ist ein eher ungemütlicher Aufenthaltsort für eine Yacht. Die Kriegsmarine mit ihrer Flotte belegt ein riesiges Areal, den Nieuwe Haven und diese aufgeschwemmte Halbinsel ist Sperrgebiet zu Land und zu Wasser. Napoleon erkannte die strategisch wichtige Lage Den Helders und liess grosse Werftanlagen geschützt und befestigt durch Forts errichten. Bis heute ist der besondere Charakter einer Garnisonsstadt erhalten wo der Hauptarbeitgeber der Marine ist. Viele Familien dienen über Generationen hinweg in der Marine. Neben drei kleinen Segelclub von denen einer von den Marineangehörigen betrieben wird, liegt in diesem Hafenarm ein Sammelsurium von alten historischen Schiffen, Seelenverkäufern und ausrangiertem Material.

Ich nutze ich die letzte Trockenphase vor dem Regen für eine Ladung Wäsche. Im Clubhaus lassen sich neben hölzernen Schiffsmodellen, einem alten Originalsteuerrad eines Binnenschiffes, verblichene Schwarz weiss Fotos von Kriegsschiffen bewundern. Nach „Klar Schiff“ geht es mit den Rädern durch die Hafenanlagen zur Stadt.

Im Schaufenster eines stillgelegten Warenhauses wieder Fotos der Kriegsmarine. Dann ein Rekrutierungsbüro. Actionreiche Hubschrauberszenen und imposante Aufnahmen von riesigen Kreuzern sollen Abenteuer und das Entdecken ferner Gestade vermitteln .  Die Realität im Dienst sieht wohl anders aus.