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Vor uns liegen nun 4 Brücken. Die meisten Brücken und Schleusen in den Niederlanden werden ferngesteuert von einer Verkehszentrale. Die Öffnung erfolgt entweder nach Verkehrssituation auf Bedarf oder zu festen Zeiten. Letzteres seltener,  nur an Verkehrsknotenpunkten und Eisenbahnbrücken. Dieser enorme Aufwand wird dem Freizeitskipper fast überall kostenlos zur Verfügung gestellt.

Die Binnenroute hat den Vorteil, dass man wetterunabhängig fahren kann. Daher freuen wir uns über diese Möglichkeit, denn auch für die nächsten Tage ist ständiger Nordwind angesagt und damit müssten wir genau gegenan segeln. Kanalfahrt hört sich eintönig an, aber dies täuscht. Ähnlich wie beim Zugfahren gleitet die Landschaft an einem vorbei. Schafe grasen, Bäume wiegen sich im Wind, aufgehäufter Schrott funkelt im Sonnenlicht, Ersatzschleusentore ragen am Ufer in den Himmel.

Alte verlassene Gleisanlagen rotten vor sich hin. Wanderer, Spaziergänger mit Hund, Rad- und Mopedfahrer bewegen sich auf dem Uferweg. Immer wieder Schwäne, Möwen. Haubentaucher, Kormorane, Blesshühner sind neben viele Schiffen die Mitbenutzer des Kanals. In Vlissingen geht es vorbei an der Damen Werft. Eine Motoryacht befindet sich im Endausbau.

Viele Arbeiter wusseln auf allen Decks herum. Bald schon versperrt die erste Brücke den Weg. Eine Leuchtanzeige meldet die nächste Öffnungzeit in 45 Minuten. Also nachfrühstücken. Wir legen an den Wartedalben an. Ein kleines holländisches Motorboot tut es uns gleich. An Bord gibt es ein leckeres zweites Frühstück mit Ei, Brot und Marmelade. Dies gönnen wir uns nur selten. Normal steht Müsli mit Obst auf dem Tisch. Ab und zu stecken wir den Kopf raus und beobachten die Szenerie. Die Gruppe Engländer kreist und kreist, bis sich schliesslich doch einige zum Anlegen durchringen können. Nun müssen sie an Tankschiff und Fischkutter längseits gehen. Die Besatzung einer englischen Yacht versucht dem Kanalfunk weitere Informationen zu entnehmen. Im Übereifer schallt es aus dem Funkgerät lautstark bis zu uns herüber. Die Crew scheint jedoch das niederländisch nicht zu verstehen, denn es läuft ein Kanal, der Meldungen für die Berufsschiffahrt durch gibt. Eine gute halbe Stunden werden wir weiter beschallt. Dann ist irgendwann endlich Ruhe. Endlich rot grün = Vorbereitung. Der Pulk wird hektisch. Jeder löst die Leinen und rückt vor. Keiner will das Nachsehen haben. Holländische Yachten sind von hinten aufgekommen und haben sich längst an den höflich wartenden Engländern vorbeigeschoben. Ein Deutscher ist besonders dreist und drückt sich mit Vollgas an allen vorbei. Die  Brücke geht auf, es kommt ein Schiff aus der Gegenrichtung, die Brücke geht wieder zu. Verdutzte Gesichter bei den Yachties. Damit hat wohl keiner gerechnet. Soll eine Erziehungsmassnahme für die dreisten Vordrängler sein? Nein, darum kümmert sich hier keiner. Es ist einfach nur eine automatische Einseitenschaltung pro Stunde. Zurück an die Dalben und wieder eine Stunde warten. Ein Engländer kreist tapfer weiter – Runde um Runde. Am Nachmittag erreichen wir schliesslich Middelburg. Wir bekommen einen schönen Platz zugeteilt und haben einen guten Überblick über die anfahrenden Schiffe. Unsere englische Gruppe ist auch untergekommen. Immer mehr Schiffe folgen. Wir sehen eine rote Flagge nach der anderen. Engländer, Engländer, Engländer. Tja, da will wohl jemand dem ständigen Cheddar entgehen und mal den Geschmack des Gouda testen.