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Regen prasselt auf`s Deck. Es kracht fürchterlich. Ist der Mast runtergekommen?Im Halbschlaf schrecke ich hoch. Wo bin ich? Alles wirkt so verändert. Ach ja, wir sind an Bord. Nach langem Winterschlaf schwimmt Astarte endlich wieder im nassen Element. Gleich nochmal ein Krachen und Knallen. Lautstark zieht ein Gewitter über uns hinweg und entlädt seine Elektrizität mit lautem Donnerhallen. So früh im Jahr, denke ich, vermutlich auch Folgen des Klimawandels. Es ist halb Eins und ich ziehe die Decke über den Kopf. Eine dicke Daunendecke liegt als zweite Schicht über der normalen Bettdecke. Mir graut schon vor dem Gedanken, das warme Nest am nächsten Morgen verlassen zu müssen und durch das kalte Schiff zu laufen. Doch Axel hat die Heizung mit Timer programmiert. Morgens ist es im Salon schon recht gemütlich. Ausgefüllte Tage mit den restlichen Arbeiten liegen vor uns.

Bäume anschlagen, Segel einfädeln und Proviant bunkern, um nur das wesentliche zu nennen. Die Seglergemeinschaft wusselt herum mit kleinen Transportwägelchen. Das Treiben mag auf einen Riesen wie eine geschäftige Ameisenkolonie wirken.

Die erste Fahrt klappt problemlos. Endlich wieder Wind um die Nase.Das frischte Hellgrün der ausschlagenden Bäume inspiriert  ein altes Paar ihr Motorboot mit neuem Lack zu versehen. Am frühen Morgen machen sie sich am vom Tau noch feuchten Boot zu schaffen. Sie: „Wenn es nass ist, meldest Du Dich“. Er: „Grummel, grummel, grummel“. Sie wieder: „ Das ist nass, ich hab doch eben den Finger da drin gehabt.“  Die beiden Alten werden mit ihrem betagten Holzboot den Sommer wohl auf dem Kanal verbringen. Den krassen Gegensatz bildet ein ambitionierter Trisegler, der seine Rennmaschine bereits in drei Tagen von Amsterdam überführt hat. Welche Strecken wohl die Schwäne zurückgelegt haben, deren Flügel singend die Luft durchtrennen. Die Natur hat ihren immer wieder kehrenden Kreislauf einprogrammiert. Das Blesshuhn sammelt unermüdlich Zweige für den Nestbau auf der Plattform eines Motorbootes. Hoffentlich fährt sein Gelege nicht eines Tages davon.

Auch für uns geht es weiter. Nach einer ereignislosen Kanalfahrt, vorbei an grünen Ufern, ab und zu eine querende Fähre, Spaziergänger, Radfahrer, Wohnmobile am Ufer, erreichen wir den Gieselaukanal. Idylle pur. Gänse schnattern, Vögel zwitschern, vielerlei Insekten schwirren herum. Ab und zu klingelt die Brücke zum Schleusenmanöver. Plötzlich kommt ein kleiner Segler – einhand, den wir zuvor auf der Kanalfahrt überholt hatten. Ich helfe beim Anlegemanöver. Der Skipper mit Bart und zotteligem Haar will in die Ecke an den Stromkasten. Er hätte nur einen Elektromotor, den er laden möchte. Nach einer halben Stunde stört ein laut knatterndes Geräusch die Ruhe. Ich entdecke einen Generator an Land, den er  aufgebaut hat. Im Cockpit schmuddelt sich zwischen einem Sammelsurium an Ausrüstungsgegenständen eine blonde Mitseglerin. Auf meine Nachfrage, wann der Krach den aufhört, meint sie: Wir müssen noch sieben Stunden laden, das ist nun mal so.“ Diese unverblümte Antwort finde ich gar nicht nett. Zumal ich mich frage wo war sie eigentlich beim Anleger? Einige Egoisten sind also mal wieder unterwegs, denke ich mir. Das Paar will mit dem sechs Meter Boot nach Hamburg. Die Strecke befahren sie das erste Mal. Na dann viel Glück.