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Bald liegt Stubbeköbing voraus. Von hier setzt eine der letzten erhaltenen Holzfähren aus dem Jahr 1952 zur Insel Bogo über. Ein Verein hat sich zur Aufgabe gemacht das Kulturerbe der „Ida“ aufrechtzuerhalten. So kreuzt das Schiffahrtsdenkmal unermüdlich etliche Male am Tag den Sund um Menschen, Fahrräder und Autos hin- und her zu transportieren.

Der umtriebige Hafenmeister Peer Frederiksen steht bereits auf der Mole und winkt uns zu,

als wir uns der Hafeneinfahrt nähern. Er weist in Richtung Yachtbecken und sein Daumen geht hoch, denn unser Echolot zeigt nur zwei Meter Tiefgang an. Die Unsicherheit der Segler kennt der Däne schon, denn verkrauteter Grund mit Seegras sorgt für geringe Tiefenanzeigen. Herr Frederiksen nimmt die Leinen an, kassiert gleich und gibt den Ratschlag am nächsten Morgen früh aufzustehen. „ Ein Laden im Ort gibt morgen Gratis Kaffee und Brötchen aus.“ Da ist was los.“ Aha, aber ob ich dafür beim angekündigten Dauerregen früh aufstehe, eher nicht. Diese Überlegung behalte ich für mich und nickte freundlich.

Hafenmeister Peer lebt auf einem alten, stark in die Jahre gekommenen Motorboot, dass zum Verkauf ausgeschrieben ist. Die Anzeige am schwarzen Brett des Hafengebäudes hang auch im Vorjahr schon da und vermutlich auch in allen vorangehenden Jahren. Ebenso wir ein Anschlag daneben: Skraemmeule für EUR 40 zu verkaufen. Unter dem Foto: Interesseret?

Dieses kuriose verblichene Verkaufsangebot hatte mich bereits letztes Jahr amüsiert. Für den Nicht-Seefahrer kurz die Erklärung: Was ist eine SKRAEMMEULE?  Mit dieser Plastikeule werden Möwen vom Boot ferngehalten, um ein Deck voller Möwenschiet zu vermeiden. Ob die Möwen sich wirklich abschrecken lassen ist die Frage. Wie fern ist hier die moderne Welt mit iPhone, Elektroauto und whats app. Im Hafen liegen kleinere Boote, hauptsächlich der 70er und 80er Jahre. Einige Selbstbauprojekte dazwischen ohne Mast zeugen von den noch nicht oder ihrem Verwahrlosungszustand bereits vor Fertigstellung nie erfüllten Träumen ihrer Eigner. Ohne Mast dümpeln sie angegrünt trostlos an den algigen Festmachern.

 Überhaupt ist der Ort Stubbeköbing ein Refugium für Trödelliebhaber. Es gibt ein Radio- und Motorradmuseum sowie etliche Antiquitätenläden im Ort. Stubbeköbing ist auch ein Ort der guten alten Zeit in der heute nicht mehr viel passiert. Jedes zweite Schaufenster ist leer. Dazwischen Läden mit Trödel. Möbel der sechziger Jahre neben Buddaladen und altem Porzellan oder Secondhandladen für Kleidung. In den Geschäften hängt der Muff der Vergangenheit.

Das umtriebige Tourismusbüro versucht mit einem Eventprogramm über den Sommer Touristen anzulocken. Trödelmarkt, Oldtimershow und eine Musikband schaffen es dann auch den sonst verwaisten Läden Besucher zuzuführen.

Für Kinder ist ein Staffellauf mit anschliessender Medaillienvergabe  und Gratispopkorn organisiert. Auch wir drehen eine Runde durch den Ort und die Geschäfte. Streifen durch ein Haushaltswarengeschäft, dass in einen Baumarkt übergeht, bevor wir frische Bohnen von einem Aussenstand eines Privathauses kaufen. Das ist in Dänemark üblich. Oft findet man am Wegesrand oder vor einem Hauseingang eine Kiste oder einen Tisch wo Gemüse, Marmelade oder Obst aus eigenem Anbau angeboten wird. Das Geld wirft man in eine Box. Die Bohnen sind makellos und eine Delikatesse zu Lachs und Reis. Der nächste Tag ist windig und von Schauerböen durchwachsen. Trotzdem gelingt es mir eine Maschine Wäsche zu erledigen. Beim Joggen habe ich Brombeersträucher und Pflaumenbäume entdeckt. Am nachmittag geht es zum Pflücken. Da wir uns keine Zecken einfangen wollen, laufen wir präpariert in unseren Craghoppershosen, Gamaschen, Regenjacken und Gummihandschuhen los. Schnell haben wir zwei Eimerchen Brombeeren sowie gelbe und blaue Pflaumen gefüllt. Zurück an Bord schmeisst Axel das Waffeleisen an und fabriziert fluffige Dinkelwaffeln, die wir mir Brombeeren und Joghurt verspeisen.

Diesmal sind die Waffeln besonders gelungen, denn Axel wird immer besser in der Optimierung der Teigherstellung und Backzeit. Mit Einbruch der Dämmerung kommen wieder die Mücken. Im Cockpit hält uns sowieso nichts mehr, da an Backbord luvseitig eine deutsche 4 köpfige Crew bestehend aus zwei Männern und zwei Frauen angelegt hat, die nicht nur Zigaretten rauchend etliche Anlegebiere vernichten, sondern eine der Damen quasselt mit unangenehm durchdringender Stimme unablässig laut am Telefon oder mit ihren Mitseglern. Wir verriegeln Fenster und Luken, um uns von dieser Dauer-Beschallung abzuschirmen. Nicht ohne, dass ich unsere Nachbarn vorher noch darauf hinweise, dass sie ihre Luvleinen stramm ziehen sollen, damit ihr Schiff nicht auf unseren Fendern hängt. Glücklicherweise ist es die erste Belästigung dieser Art auf der gesamten Reise.