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Nun hat sich zwar der starke Nordwind gelegt, aber segelbarer Wind verbleibt für einen halben Tag aus der brauchbaren Richtung, so dass wir nach einem frühen Start mit dem letzten Windhauch in Kalmar, der Bezirkshauptsadt von Smaland, ankommen. Kalmar liegt strategisch am Kalmarsund und die Skyline setzt sich aus alten Lagerhäusern, einer modernen Wohnvorstadt und den verspielten Türmen des Schlosses zusammen.

Schloss Kalmar

Das Schloss besteht seid 800 Jahren. Sein heutiges Erscheinungsbild geht auf das 16 Jh zur Zeit der Regierung der Vasakönige zurück. Kalmar hat ca. 66.000 Einwohner und davon soll bald jeder zehnte ein Student sein. Eine Zweigstelle der Uppsala Universität erhält am Hafen einen avantgardistischen Neubau. Die Tätigkeiten auf der Grossbaustelle sind zum Glück zur Ferienzeit unterbrochen, denn auf unserem Hinweg war der Baulärm doch eine starke Belästigung. Dennoch gilt Kalmar auf halber Strecke im Kalmarsund, der Meerenge zwischen dem Festland und der vorgelagerten länglichen Insel Öland als strategischer Anlaufpunkt für Segler. Tanken, Verproviantieren, Crewwechsel oder einfach nur die Vielzahl von Attraktionen und Restaurants geniessen, ist Grund genug diesen Hafen anzulaufen. So sammelt sich hier an Schiffen früher oder später die Schar der Ostseerundler und man trifft den einen oder anderen wieder.

Da ist zum Beispiel die britische Penguin aus Riga, die niederländische Maas aus Mariehamn (Aalands) und die 64 Fuss Hallberg Rassy „ Hoka Hey“ aus Nynäshäm, Schweden. Racer mit neuen Laminatsegeln und schwarzen Kevlarsteuerrädern liegen hier neben soliden Fahrtenyachten wo die Bordfrau ein kleines Kräuterbeet vor dem Mittelluk unter der Sprayhood befestigt hat. Das Hafenbecken ist voller Aktivität. Nahezu im Minutentakt laufen am Nachmittag die Schiffe ein. Ein Hafenwart im Schlauchboot fängt die Neuzugänge bereits im Vorbecken ab und weist einen Platz zu, damit die Schiffsgrössen an den passenden Plätzen leigen und so viele Schiffe wie möglich unterkommen. Wir haben Glück und dürfen am Aussenponton längsseits, so dass wir den besten Überblick über die Einfahrt haben und freien Blick auf den Kalmarsund. Vor uns wird eine kleinere Najad gelegt. Die Crew besteht aus zwei Männern und einer Frau. Anscheinend ein Mann zu viel, denn der ältere weisshaarige Herr im roten Pullvover möchte ins Gespräch kommen und spricht uns  an: „ Ist das auch eine Najad?“. Er drückt sich auf den Stegen rum und versucht mal Abstand vom Rest der Crew zu bekommen. Auf der anderen Stegseite legt ein Schwede an. Der braungebrannte Endsechziger hört wiederholt den Wetterfunk ab auf schwedisch in einer Lautstärke, dass es über das ganze Becken schallt. Einige Leute sehen nur sich. Bald gesellt sich am Aussensteg ein niederländisches Plattbodenschiff dazu mit einem alten Ehepaar, richtige Salzbuckel. Im starken Kontrast stehen zwei deutsche Segelcrews, unterwegs auf Hanse und Bavaria. Sie finden es schick noch ein bischen im Lifebelt über ihrem nagelneuen Musto und Helly Hansen Outfit herumzulaufen und zu fachsimpeln. „Wie war das vor Figeholm im Fahrwasser eigentlich mit der grünen Tonne, die ich an ganz anderer Stelle, als in der Karte vermerkt gesehen habe?“, schnappe ich ihre Unterhaltung auf. Im inneren Hafenbecken liegt man dicht an dicht. Schaulustige flanieren hier an den Booten vorbei. Der Autoverkehr rollt wenige Meter daneben. Auf der anderen Strassenseite ist der Bahnhof mit einem grossen Parkplatz davor, der vollbepackt ist mit Wohnmobilen. Es müssen an die 100 Camper sein. Dazu ist noch eine Kirmes aufgebaut von wo die Jahrmarktmusik herüberplärrt. Das ist Ferienstimmung!

Die Hafengebühr wird im Tourismusbüro bezahlt. Drei Kräfte bemühen sich allen Anfragen gerecht zu werden. Der Andrang ist gross. Zurück an Bord hat sich die Lage geändert. Aus dem geplanten Ruhetag morgen mit Schlossbesichtigung wird nichts, es sei denn wir wollen hier mehrere Tage verbringen. Aber das wollen wir nicht. Also backen wir Waffeln und geniessen sie mit Jogurt und Blaubeeren. Als Verdauungsspazierung geht es eine Runde um den Hafen und durch die Stadt. Dabei passieren wir zufällig wieder unsere Schweden Orsa und Stefan aus Mönsteras. Auch sie sind auf dem Rückweg zum Heimathafen. Unser kurzes Begrüssungsgespräch wird jäh unterbrochen als sich ihre beiden Bordhund in ein Gezänk mit einem anderen vorbeilaufenden Hund verwickeln. Auf der anderen Seite des Hafenbeckens werden wir von einem Schweden angesprochen. Als er bemerkt, dass wir kein schwedisch verstehen, schaltet er auf englisch um:“ It is always nice to watch the boats, but I do not know what the people are seeing up there. There are always looking up to the top of the masts.” Dann zeigt er auf seine leeren Flasche Smirrnoff Wodka und trollt sich seines Weges.

Blick auf den Kalmarsund