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Durch die Schären geht es im Zickzack und mit Motor aus und an, sowie Segel ein- und ausrollen zur Insel Ringsön. Wie in einem Atoll liegen die Schiffe hier umgeben von bewaldeten Felsen in einem inneren sich in mehrere Arme verzweigenden See.

Ankerbucht Insel Ringsön

Draussen kann es wehen und kaum um die Ecke gebogen herrscht Stille. Einige haben schon ihr Plätzchen gefunden, doch es ist noch viel Platz und wir verbringen  einen ungestörten Abend umgeben von Ruhe und Natur.

Ankerbucht Ringsön

Der nächste Hafen auf der Strecke ist Öxelosund, den wir bereits aus dem Vorjahr kennen.

Diesmal entscheiden wir uns für den Gästehafen.

Ein sehr freundlicher junger Hafenmeister gibt uns Tipps wo wir Gas bekommen. Telefonisch hatte ich bereits einen Bootsausstatter angerufen, doch wegen des Unterschiedes zwischen schwedischem geschriebenen Wort und Aussprache den Sachverhalt völlig falsch verstanden. Gas bekommen wir nur im 14 Kilometer entfernten Nyköping, gesprochen Nieschöpping. Ich hatte geglaubt es sein ein Shop in der Stadt Öxelosund. Jedenfalls entscheiden wir, an dem heissen Nachmittag, erstmal eine Wanderung über die Schäre Femöre zu machen. Hier sind Zielfernrohre zur Schiffsortung aus vergangenen Zeiten und eine alte Lotsenstation zu sehen, neben der typischen Schärenvegetation. Viele Ausflügler suchen die Felsen zum Sonnenbaden auf. Der Wald dämpft alle Geräusche und bald ist man wieder alleine. Über schmale Pfade geht es zwischen den Bäumen herauf und herunter. Ströme von Ameisen kreuzen die Wege. Der Wald lebt am Boden, in der Luft und am Ufersaum.

Am nächsten Morgen entscheiden wir spontan zum Krankenhaus nach Nyköping per Bus zu fahren, denn es ist die letzte grössere Stadt auf der Strecke vor den nächsten Tagen in den Schären. Per telefonischer Ferndiagnose wende ich seit einigen Tagen ein Antibiotika an gegen meine Ohrenschmerzen, da die Therapiehinweise meiner letzten Krankenhausbesuche wenig hilfreich waren. Nun soll geprüft werden wie die Behandlung anschlägt, da ich immer noch Schmerzen habe. Im Eilschritt geht es auf den letzten Drücker zur Bushaltestelle. Plötzlich kommt uns bereits schon unterwegs der Bus entgegen. Wir winken und obwohl die Haltestelle ganz woanders liegt, hält der Busfahrer an und nimmt uns mit. Er spricht gleich deutsch und bedient uns freundlich. Auch ein schwedischer älterer Herr spricht uns auf deutsch an und grüsst uns. Der moderne Bus mit mehrsprachigen Anzeigen und Verweisen auf Apps mit Fahrplanauskunft und Bezahlmöglichkeiten bringt uns in einer halben Stunde nach Nyköping.

Krankenhaus in Nyköping

Wir laufen zum Krankenhaus, aber dort gibt es keinen Ohrenarzt und auch kein Besteck um in ein Ohr reinzuschauen wie wir von einem deutschen ausgewanderten Arzt erfahren. Er bringt uns dann noch höchstpersönlich zum  sogenannten Värdcenter. Nebenbei erzählt er uns auf dem Weg wie in Schweden das Gesundheitssystem funktioniert. Statt niedergelassener Ärzte gibt es diese medizinischen Center wo alles zusammengefasst ist. Dort angekommen betreut mich eine ebenfalls deutsche Krankenschwester und meint ein Arzt müsste sich die Sache anschauen. Einen Termin bekomme ich für den Nachmittag. Die sehr freundliche Dame an der Rezeption schlägt vor, wir sollten ein Eis essen gehen oder zum Lunch. Hunger hat sich sowieso schon angemeldet, also geht es zurück zum Zentrum. Nyköping ist eine alte, mittelgrosse Stadt mit Fussgängerzone, moderner Einkaufspassage, Hafenpromenade mit Restaurants und etlichen Geschäften. Marktstände bieten frisches Obst. Gemüse, Blumen an. Im Rathaus sitzt auch das Tourismusbüro wo man gleich freundlich angesprochen wird. Ein Hochzeitspaar und Gäste warten vor dem Standesamtszimmer gleich neben der Tourismuszentrale. Ein Fluss zieht sich durch das Zentrum. An ihm liegen alte Industriegebäude wie eine Weberei, Brauerei und ehemalige Möbelfabrik. Wasserkraftwerke wurden zur Energiegewinnung für die Betriebe genutzt. Es gibt viele schattige Plätze und hübsche angelegte Blumeninseln. Alte restaurierte Villen säumen das Flussufer und Restaurants bieten lauschige Tische direkt am Ufer. Wir entscheiden uns für ein Cafe mit Innenhof in dem Bäume Schatten spenden und wir in einer Nische wie in einer Laube sitzen.

Die Sandwiches mit Avocado, Frischkäse, Tomate und Ziegenkäse mit Feigenmarmelade schmecken gut. Wir schlendern noch zum Yachthafen und der Burganlage mit ihrem hohen Turm. Nyköping liegt am Ende eines Fjordes umgeben von Seen und eingebetet in Feld- und Waldlandschaft. Gegründet im Jahr 1187 gehört Nyköping zu Schwedens ältesten Städten. In der Burg  wird jedes Jahr im Juli die wechselvolle Geschichte des Mittelalters als Theaterstück aufbereitet. Zweimal brannte Nyköping nieder, davon einmal von den russischen Armee angezündet und die Pest brach aus.

Axel trägt die ganze Zeit unsere leere Gasflasche durch die Gegend, denn im Gewerbegebiet soll der Händler zu finden sein. Ich rufe bei der Firma an und erfahre, dass sie nun doch kein Camping Gas haben. Also die Flasche umsonst durch die Hitze geschleppt! Dann gibt es also irgendwann nur noch Brote. Jetzt steht erstmal der Arzttermin an. Wir laufen zurück zum Värdcenter, denn wir wollen den Termin auf keine  Fall verpassen, da sich sonst so schnell nicht mehr die Gelegenheit bietet. Im Värdcenter angekommen, eröffnet mir die Dame an der Rezeption, dass die Behandlung jetzt auf einmal kostenlos sei. Da werde ich schon misstrauisch. Na gut. Warten muss ich nicht. Der sogenannte Arzt ist merkwürdiger Weise ein Mann, den ich bereits am Morgen gesehen habe und der alle anderen Fälle auch bearbeitet hat. Es hiess doch, dass ich extra auf einen Ohrenarzt warte. Er gibt mir die Hand, begrüsst mich beim Vornamen und liest im Computer was schon eingetragen ist. Dann schaut er in das Ohr und malt das Ohr als Kreis mit einem Rechteck daran auf ein Stück Papier. Dann mein er: „ Here ok, there red.“ Ich versuche noch an weitere Informationen zu kommen. Sein Englisch ist rudimentär. Mein Schwedisch null und mit deutsch kommen wir ja auch nicht weiter. Als Ergebnis soll ich mit meiner eigenen Behandlung weitermachen. Es sähe alles nicht so schlimm aus. Alles klar. Es war ein schöner Ausflug und interessant Nyköping kennengelernt zu haben, doch diesen Besuch hier hätte ich mir sparen können. Schliesslich meint er noch: „ Tyksland (Deutschland) gutes Land und auf meine Nachfrage woher er ursprünglich käme, antwortet er: „South America, Peru.“ Also ich muss erst nach Schweden reisen, um dort von einem Peruaner behandelt zu werden. Der allgemeine Trend der Globalisierung ist auch an mein Ohr gedrungen.