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Tja, herzliche willkommen in Haapsalu steht hier überall. Also das heisst „Tere Tulemast“. In der Marina macht man als Segler andere Erfahrungen.

Vorwegschicken muss ich allerdings, dass das junge Personal im Hafen Restaurant und der sehr freundlichen junge Hilfshafenmeister davon ausgenommen sind. Doch zunächst hatten wir einen wunderbaren Segeltag bei Sonne und leichter Brise im Fahrwasser der Fähren, die hier nach den Sagenriesen Töll, Pirit, Leiger und Tiiu benannt sind. In den Flachwasserzonen des Väinameri tummeln sich Gänse. Möwen und Schwäne. Die Ufer sind bewaldet und vereinzelte Gehöfte mit Rietdach lassen sich mit dem Fernglas ausmachen. Von Haapsalu sieht man zunächst den Kai mit den betagten Fischkuttern.

Fischkutter am Kai in Haapsalu

Fischkutter am Kai in Haapsalu

Eine grosse sich nach Osten erstreckende Bucht, die in endlosen versandeten Schilfflächen endet, ist durch ein schmales Fahrwasser befahrbar. Molen gibt es hier nicht. Einige mehr oder weniger wackelige Stege und Tonnen sind ausgelegt. Drei Betriebe teilen sich das Marinageschäft. Vorher studierten wir ausgiebig die Karten  und skizzierten die für uns möglichen Anlegebereiche auf Papier. Das sollte sich später als überflüssig erweisen, da sowieso keine Angabe stimmte. Statt der prognostizierten 3,2 m an der einzigen für uns geeigneten Pontonreihe zeigte das Echolot nur 2,3 m unterm Kiel. Hilfsbereite Segelkollegen nahmen unsere Leinen an und bei dem geringen Wind hatten wir die Gelegenheit, uns vorsorglich an zwei Tonnen zu vertäuen. Als zu dem Zeitpunkt schwerstes Schiff an Tonnen im Hafen eine für die kommenden Sturmtage weise Entscheidung. Ganz wohl war uns allerdings auch mit den zwei Tonnen nicht, denn der Wind würde uns von schräg hinten auf einen Betonsteg mit scharfer Eisenkante drücken. Der Autor des Revierführers hatte bereits vor über 10 Jahren im gleichen Hafen sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Axel hielt Ausschau nach möglicherweise sichereren Liegeplätzen wo das Schiff längsseits vertäut werden könnte. Da die Wassertiefen unbekannt waren, fragte er den jungen Hafenmeister. Dieser telefonierte hilfsbereit mit seinem Chef. Selbiger muss entweder mit dem falschen Fuss an diesem Tag aufgestanden sein oder ist grundsätzlich von der etwas schrofferen Fraktion. Er hat seinem Mitarbeiter geantwortet: „people who want to move their boat are monkeys“. Also wer sein Boot verlegen möchte ist ein Affe. Das war ja eine herzliche Begrüssung. Wir blieben an unserem Platz und verzurrten uns dort mit weiteren Sicherungsleinen. Der freundliche Segelkollege, der uns hilfsbereit in Empfang genommen hatte, schildert seine persönlichen Erlebnisse mit dem Hafenchef. „Wir wollten Wäsche waschen. Eine knappe Antwort, das geht jetzt nicht. Erst am Folgetag um 10.00 Uhr.” Als das Ehepaar dann wieder zur bestellten Zeit erschien, hat sich der Chef erstmal in Ruhe Kaffee gemacht und die beiden ganz offensichtlich noch weitere 20 min warten lassen. Andere Anfragen wegen nicht funktionierendem Strom wurden geflissentlich ignoriert. Trotz einer grossen Anzahl englischer Boote und mehrerer deutscher Yachten im Hafen wehen hier auch nicht die Gastflaggen dieser Nationen im Gegensatz zu allen anderen bisher besuchten Häfen.

Auch die Gruppe der britischen Sailing Association, Section Baltic, die wir bereits aus Kiuvastu kannten, ist hier eingeweht und harrt aus, bevor es für sie weiter um das Kap Telise Richtung Tallinn geht.  Alternative Liegemöglichkeiten gibt es nicht in diesem flachen Revier,  bei der herrschenden Windrichtung und Intensität. Die folgenden Tage sind ausgefüllt mit Besichtigung des Ortes und Lagebeobachtung der Situation im Hafen. Nach 18 Stunden Ostwind fiel der Wasserstand um weitere 40 cm. Wir wundern uns, dass Astarte noch schwimmt! Das schlammige Wasser ist aufgewühlt und hat Seegrasbündel durchsetzt mit toten Fischen an die Oberfläche gebracht. Beschwörend schauen wir auf die Windvorhersagen und  hoffen, dass es dabei bleibt, dass sich die stärksten Windfelder weiter nördlich von uns auf dem finnischen Meerbusen austoben. An der estnischen Küste bei Dirhami werden 35 Knoten und in Finnland im Ort Hanko 45 Knoten Wind gemessen. Die angegebene Wellenhöhe liegt zwischen 2-3 Metern. Eine niedrige Holzketch mit finnischer Flagge läuft plötzlich ein. Die Zweier Crew wirkt abgekämpft. Na wenn dieses Schiff jetzt aus Finnland gekommen ist, dann haben sie aber richtig was abbekommen.