Wichtige Information für die Strandzugänge in Binz
Heute geht es per Bus zum Seebad Binz in den Osten Rügens. Die Fahrt erscheint uns endlos. Es geht vorbei an Felder und durch Waldgebiete, die nicht aufhören wollen. Ab und zu liegen Siedlungen am Weg, die den Charakter einer Kasernenanlage haben. Heute sind die Häuser allerdings gelb gestrichen.
Binz ist eine Augenweide. Weisse Villen mit Holzveranden und neue Hotelanlagen, die behutsam in ihre Umgebung eingefügt wurden, rahmen die Fussgängerzone ein. Hier geht es schon hoch her. Überall sitzen Urlauber in Cafes und Restaurants. Hier eine Mohn-Quarktorte, dort ein Dorschfilet. Windbeutel mit Sanddornsahne, Hornhecht, Sülze. Das Angebot lässt einem das Wasser im Munde zusammenlaufen. Hier sollte jeder etwas finden. Wer nicht hungrig ist, kann shoppen. Wattierte Westen in allen Farben wehen an Ständern im Wind. Die einschlägig bekannten Namen der Designer Brands prangen an den Geschäften. Dazwischen gibt es Ramsch und Andenkenkitsch. Wir entdeckten die Konditorei Peters und lassen uns erstmal fallen bei Kaffee und Kuchen. Gestärkt geht es zur Promenade. Kurhaus, Konzertmuschel, Bänke, Seebrücke – alles da. Ein Hochzeitspaar schreitet auf die Seebrücke.
Ein Fischer schnackt platt. Ein feiner Herr mit Strohhut schaut in die Ferne aufs Meer. Für einen Moment scheint die Zeit still zu stehen. So wird die Szenerie auch schon vor 100 Jahren gewesen sein. Eine andere Mode, ein anderer Blick auf die Zukunft, doch die Ferienstimmung, die feuchte Seeluft und das Fernweh, die Sehnsucht nach fernen Küsten sind geblieben.
Prächtige Villen säumen die Promenade. Davor Kiefernbäume im Dünengürtel und der Strandkorb bestückte Sandstrand.
So zieht sich der Anblick eine ganze Weile hin. Ein Campingplatz gliedert sich an. Die schattigen Waldplätze direkt hinter dem Strand sind noch verwaist. Durch die bewaldete Natur würde es weiter gehen, wäre da nicht
Prora
An der grossen geschwungenen Bucht der Prorer Wiek auf der schmalen Landbrücke zwischen der Ostsee und dem kleinen Jasmunder Bodden liegt Prora. Es wäre ein kleiner nichtssagender Ort, dem der Reisende kaum Beachtung schenken würde, läge dort nicht direkt hinter dem Sandstrand ein monströser fünf Kilometer langer Bau. Genauer gesagt eine Bauruine. Endlos aneinander gereihte sechsstöckige Betonklötze wie hochkant hingestellte Schuhkartons mit vielen kleinen Öffnungen für Fenster und kleinen Räumen dahinter, aussen dunkelbraun bis grau, verschandeln förmlich die Landschaft. Diese Rohbauten aus der Nazizeit sollten das erste von fünf geplanten KdF Bädern werden.
Zwanzigtausend Arier sollten hier gleichzeitig im Zehn-Tages Rhythmus „Kraft durch Freude“ gewinnen. Die Geschichte wollte es anders. Mit Kriegsbeginn wurde die Bautätigkeit eingestellt und der Koloss blieb im Rohbaustadium. Später zu DDR Zeiten wurde ein Teil ausgebaut und als Kaserne genutzt. Der Standort Rügen war bei den Wehrpflichtigen als Schleiferhochburg gefürchtet. Besonderen Repressalien waren die Bausoldaten ausgesetzt.
Bausoldat wurde, wer den Dienst an der Waffe nicht ausüben wollte. Das war noch das geringere Übel, denn eine mögliche Kriegsdienstverweigerung kannte die DDR nicht. Wer sich weigerte, wurde verhaftet. Diese düsteren Zeiten sind glücklicherweise vorbei. Verschiedene Investoren bemühen sich, die Bauten in modernen Wohnraum umzuwandeln. Ein Museum, eine Jugendherberge und Trakte mit bereits bezogenen Wohnungen sind schon vorhanden.
Nahezu die Hälfte der Gebäude ist entkernt und es entstehen Wohnungen mit Balkonen zur Strandseite. Modern aufgehübscht und weiss gestrichen verlieren die Häuserzeilen zwar etwas von ihrem Schrecken. Doch der Eintönigkeit und Strenge der Architektur haftet immer noch der Ausdruck der ideellen Gesinnung ihrer geistigen Schöpfer an. Ein Gefühl der Beklemmung lässt sich nicht abstreifen.
Nach einer langen Wanderung an dem Bauriesen und später am Strand entlang, erreichen wir den Industriehafen Mukran. Es ist der Fährhafen Rügens. Von hier aus werden die Elemente für einen neu entstehenden Windpark, der zwischen Rügen und Bornholm liegt, verschifft. Aus der Nähe betrachtet wirken die Windflügel riesig.
Nach einem Picknick geht es zurück mit dem Bus nach Sassnitz.