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Nach eineinhalb Tagen in Visby müssen wir unser Besichtigungsprogramm einkürzen und entscheiden uns für die Weiterfahrt. Dies muss meist spontan erfolgen, da das Wetter und vor allem Windrichtung und Stärke schnell ändern. Wir laufen in Richtung Nordende der Insel vorbei an wechselhafter Uferszenerie. Mal hellgraue Kiesstrände oder Kalksteinsteilküste mit Abbruchkanten mit uns ohne Bewaldung. Bis auf die Fähren in der Ferne sehen wir keine Schiffsverkehr. Mittags laufen wir in eine V-förmige Bucht, die zu ihrem Ende hin wie ein Trichter immer schmaler wird. Die Gegend wirkt durch das Fernglas schon menschenleer. Nur die Silhouette eines Kalksteinwerks mit Abraumhalden und Verladekais zeugen von menschlicher Aktivität. Als wir um eine grosse Mole biegen und in ein kleines Hafenbecken einlaufen wollen, zeigt das Echolot schnell die Grenzen auf. Hier geht es nicht weiter. Glücklicherweise ist Platz hinter einem Lotsenboot an der Innenseite eines alten Fähranlegers. Ohne Wasser und Strom, aber sicher fest verbringen wir hier die Nacht. Kaum haben wir uns verzurrt, fallen auch schon die Böen ein. Bei Strahlender Sonne und hohem Luftdruck, das Barometer verrät nichts bläst der Nordwind unerbittlich kalt. Wir erkunden die Gegend mit einem kurzen Spaziergang. Ein noch geschlossener Campingplatz, einige Ferienhäuser und Fischerhütten stehen in der sonst bewaldeten Landschaft im Nirgendwo. Es ist niemand zu sehen. An einer kleinen Hütte steht das Holzschild Havnkontor. Innen ein Tisch mit vier Stühlen, einige Kaffeebecher. Wir igeln uns ein, denn hier erreicht man ohne Auto sowieso nichts.Am nächsten Morgen lässt das Wetter glücklicherweise die Weiterfahrt zu. Es ist Montag und im sogenannten Hafenbüro sitzen nun drei alte Männer. Ihre Kleidung hat schon bessere Tage gesehen bzw. schon länger keine Waschmaschine. Grau und Brauntöne herrschen vor. Ihre Gesicherter sind wettergegerbt und faltig, die Hände grob und rissig mit denen sie ihre Kaffeetassen umschliessen. Vermutlich sind es Fischer, die hier eine Pause bei Kaffee und Keksen machen. Meine Frage nach dem Hafenmeister trifft auf Schweigen. Mit Englisch kommt man hier nicht weiter. Für sie muss ich genauso exotisch in meinem Trainingsoutfit aussehen wie sie auch mich wirken. Mit weit ausholenden Bewegungen mache ich mich verständlich. Zeichensprache führt zum Ziel. Nach einigem Palaver einigen wir uns auf 100,- Kronen für die Nacht, die schnell in der Tasche von einem der Alten verschwinden. Er bringt noch heraus: no quittareblock. Ich sehe es als kleine Spende an und wir haben ja eine sichere Nacht verbracht.

Am Kai in Kappelhamn

Am Kai in Kappelhamn